BGH-Urteil zu Ebay-Bewertungen: Polemik ist erlaubt
Ebay verlangt „sachliche“ Bewertungen. Doch der Bundesgerichtshof legt das Kleingedruckte nun so aus, dass auch „ausfällige“ Bewertungen möglich sind.
Im konkreten Fall hatte ein Heimwerker aus Bayern vier Gelenkbolzenschellen zur Befestigung von Schläuchen gekauft. Er bezahlte dafür 19,26 Euro inklusive 4,90 Euro Versandkosten. Nach Erhalt der Ware bewertete er den Kauf auf der Ebay-Seite mit den Worten: „Ware gut, Versandkosten Wucher!!“.
Der Verkäufer klagte gegen diese Bewertung und verwies auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Ebay. Dort heißt es: „Nutzer sind verpflichtet, in den abgegebenen Bewertungen ausschließlich wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Die von Nutzern abgegebenen Bewertungen müssen sachlich gehalten sein und dürfen keine Schmähkritik enthalten.“
Revision beim BGH
Das Amtsgericht Weiden in der Oberpfalz lehnte die Klage ab; die Bewertung könne bleiben. Das Landgericht Weiden entschied in der Berufung zugunsten des Verkäufers; der Heimwerker müsse die „überspitzte Bewertung ohne sachlichen Bezug“ entfernen. Darauf ging der Heimwerker in die Revision zum BGH.
Das Gericht legte nun die Ebay-Geschäftsbedingungen aus und kam zum Schluss, dass die Bewertung bleiben könne. Dabei stellte die Vorsitzende Richterin Rhona Fetzer auf drei Argumente ab. Erstens sei unklar, was eine „sachliche“ Bewertung sei. Zweitens wäre der Verweis auf unzulässige Schmähkritik überflüssig, wenn bereits jede unsachliche Bewertung verboten wäre. Drittens spreche auch die Meinungsfreiheit für die Zulässigkeit der Bewertung.
Der BGH sieht in der Ebay-Aufforderung, „sachlich“ zu bleiben, also nur einen unverbindlichen Appell. Die rechtliche Grenze läge bei der Schmähkritik, bei der es nur noch um die Diffamierung der Gegenseite gehe. „Überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik“ an der Ware oder am Versand bleibe zulässig, so der BGH.
Dieses Urteil gilt zwar nur für die konkrete AGB-Klausel von Ebay. Vermutlich wird der BGH aber auch ähnliche AGB-Klauseln bei anderen Plattformen so auslegen, dass nur Schmähkritik verboten ist. (Az.: VIII ZR 319/20)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen