BER-Untersuchungsausschuss: Schwere Geschütze gegen Mehdorn
Ehemaliger Technikchef beschuldigt den Flughafenchef Hartmut Mehdorn im Untersuchungsausschuss, früh von Korruptionsvorwürfen gewusst zu haben.
Für zwei zentrale Figuren in Sachen BER war es ein schwarzer Freitag. Die erste Bombe ließ die B.Z. platzen: Das Boulevardblatt berichtete, der Vorsitzende des BER-Untersuchungsausschusses, Piraten-Abgeordneter Martin Delius, sei durch einen anonymen Brief schon länger über die neue Korruptionsaffäre auf der Dauerbaustelle informiert gewesen – ohne seine KollegInnen informiert zu haben.
Kurzerhand beschloss der Ausschuss, der sich auf seiner Sitzung am Freitag eigentlich auf den mit Spannung erwarteten Auftritt des früheren Technikchef des Flughafens, Horst Amann, konzentrieren wollte, „künftig alle an das Ausschussbüro und den Vorsitzenden gerichteten Schreiben ohne weitere ’Prüfung‘ durch Herrn Delius an die Mitglieder des Ausschusses weiterzuleiten“. So teilten es die Fraktionen von CDU und SPD noch vor Ende der Sitzung mit.
Die nächste Sensation hatte Amann parat, der von BER-Chef Hartmut Mehdorn kurz nach dessen Amtsantritt im März 2013 aus dem Amt gedrängt worden war: Er erklärte, dass Mehdorn bereits im Sommer 2013 von Unregelmäßigkeiten bei Zahlungen an die Firma Imtech gewusst habe. „Ich habe gesagt: Das ist ein Fall für die Revision.“ Mehdorn habe ihm jedoch zu verstehen gegeben, dass „ich mich da rauszuhalten habe“.
Ende Februar war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Neuruppin gegen einen früheren Bereichsleiter des Flughafens wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit ermittelt. Der beschuldigte Bereichsleiter war unter Amann Prokurist am Flughafen geworden. Auf Amanns Vorschlag hin veranlasste der Aufsichtsrat im Dezember 2012, dass die niederländische Firma Imtech, am BER für den bis heute nicht funktionierenden Brandschutz zuständig, eine Nachzahlung von 65 Millionen Euro bekam – offenbar ohne Prüfung, ob die Forderungen berechtigt waren. Der Bereichsleiter soll sich sehr für diese Zahlung eingesetzt haben und dafür laut dem anonymen Schreiben an den Ausschuss zwei Millionen Euro von Imtech kassiert haben.
Amann wies im Ausschuss den Vorwurf zurück, er habe Druck auf den Aufsichtsrat ausgeübt, das Geld zu zahlen. Es habe bei allen der Glaube geherrscht, der damals angestrebte – dritte – Eröffnungstermin Oktober 2013 sei nicht zu halten, wenn die Bauarbeiter von Imtech nicht zügig auf die Baustelle zurückkehren. Auch wiedersprach er der Darstellung, Imtech habe das Geld für nicht erbrachte Leistungen bekommen. „Unklar war nur, ob die Höhe der Forderungen stimmt.“
Jutta Matuschek, Abgeordnete der Linkspartei, nannte Amanns Auftritt gegenüber der taz „äußerst unbefriegend“. Dass er in Sachen Imtech keinen Druck gemacht habe, „nehme ich ihm nicht ab“. Zudem hätte er auch im Nachhinein überprüfen müssen, ob die bezahlten Leistungen erbracht worden waren. Dies sei bis heute offen.
Doch auch Mehdorn gerät nun stärker unter Beschuss. Bislang hatte er es so dargestellt, als habe er von den Bestechungsvorwürfen nichts gewusst, den Bereichsleiter aber wegen anderer Ungereimtheiten nach wenigen Monaten entlassen. Recherchen des Handelsblatt ließen daran schon vor Amanns Auftritt am Freitag Zweifel aufkommen. Am Donnerstag berichtete die Zeitung, die Flughafenleitung habe Mitte 2013 einen anonymen Hinweis zu der mutmaßlichen Bestechung bekommen – diesen jedoch nicht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Stattdessen, so das Blatt, habe Mehdorn dem fraglichen Mitarbeiter im August 2013 bei dessen Abgang ein „leuchtendes Zeugnis“ ausgestellt und ihm für sein „hervorragendes Verantwortungs- und Kostenbewusstsein“ gedankt.
Rüge für Delius
So war es am Ende nicht der selbsternannte Anti-Korruptionsexperte Mehdorn, sondern die Firma Imtech, deren neue Geschäftsführung die Affäre ans Licht brachte und im Dezember 2014 die Staatsanwaltschaft informierte. Pikantes Detail: Laut Handelsblatt übermittelte Imtech am 12. Dezember auch der Flughafengesellschaft „zahlreiche Unterlagen“ zu dem Fall – drei Tage später verkündete Mehdorn überraschend und ohne Begründung seinen Rücktritt. Sein Nachfolger Karsten Mühlenfeld beginnt am 16. März.
Der Untersuchungsausschuss-Vorsitzende Delius kritisierte Mehdorns Vorgehen in einer Sitzungspause am Freitagnachmittag gegenüber Medienvertretern. Der BER-Chef hätte die Bestechungsvorwürfe „intensiver prüfen müssen und offensiv berichten“. Der Grünen-Abgeordnete Andreas Otto erklärte, der Ausschuss werde nun „Herrn Mehdorn vorladen und ihn fragen, wie der Umgang mit dem Korruptionsverdacht war und wieso die Staatsanwaltschaft nicht sofort informiert wurde“.
Zur Kritik an seinem eigenen Vorgehen gab Delius zu, es sei ein Fehler gewesen, das anonyme Schreiben nicht gleich an die AusschusskollegInnen weitergeleitet zu haben. Er habe zunächst eigene Recherchen anstellen wollen, rechtfertigte er sich. „Wir haben das jetzt hoffentlich geklärt.“
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