Ayodhya-Konflikt in Indien: Hindu-Sieg im Tempelstreit
Indiens Oberstes Gericht gibt den Bau des umstrittenen Hindu-Tempels in Ayodhya frei. Das dürfte nicht zum Frieden beitragen.
Radikale Hindus, darunter Anhänger der hindunationalistischen Regierungspartei BJP, rissen damals die Babri Moschee nieder. Sie beharren bis heute darauf, dass die Moschee aus dem 16. Jahrhundert auf dem Tempelgrundstück des Hindugottes Rama gebaut worden war.
Am Samstag verkündete Indiens Oberstes Gericht das langerwartete Urteil. Die fünf Richter entschieden, dass auf dem Gelände ein Hindu-Tempel gebaut werden darf. Zwar wurde eingeräumt, dass die Schändung der Moschee 1949 ebenso illegal war wie ihr Abriss vor 27 Jahren. Dennoch hatten Muslime bei diesem Urteil das Nachsehen.
Zum Ausgleich wurde den Muslimen ein Ersatzgrundstück innerhalb der Stadtgrenze versprochen, um ihr Gotteshaus wiederaufzubauen.
Gericht: Hindus haben ältere Ansprüche
Die Organisation All India Muslim Personal Law Board (AIMPLB), die vor Gerichte gekämpft hatte, zeigte sich enttäuscht: „Das Urteil widerspricht unseren Erwartungen. Wir haben solide Beweise vorgelegt“, sagte der Anwalt Zafaryab Jilani.
Doch das Oberste Gericht entschied, Hindus hätten die älteren Ansprüche. Die Ausgleichsfläche bedeute AIMPLB nichts, doch will die Organisation das Urteil anerkennen. „Wir werden uns beraten und dann über das weitere Vorgehen entscheiden“, so Jilani. Er forderte zugleich auf, Frieden zu wahren.
Kurz vor der Urteilsverkündung, die eigentlich erst in einer Woche erwartet worden war, war die Polizeipräsenz erhöht worden. In mehreren Städten wurde das Internet abgeschaltet. Nicht nur in Nordindien galt ein Versammlungsverbot.
„Es gibt gerade kein Fernsehen und kein Internet bei meinen Eltern“, sagt die 22-jährige Mohini, die ursprünglich aus Ayodhya kommt. Das Urteil sei nicht wichtig für sie, sagt sie, bemerkt aber auch: „Wir wussten immer, dass es einen Tempel geben wird.“
Damit vertritt sie die Meinung vieler Hindus im Land, dass es nur Recht sei, auf dem Grundstück einen Hindu-Tempel zu errichten. Durch das Oberste Gerichts wurden sie darin bestärkt. „Lord (Rama) bekommt sein Land; die Muslime einen zerbrechlichen Frieden“, titelte die Tageszeitung Mumbai Mirror.
Mohini betrachtet das Thema nüchtern. Zu den Leuten, die unbedingt einen Tempel wollen, gehöre sie nicht. „Als junge Menschen wollen wir, dass die Wirtschaft wächst, wir wollen keine religiösen Kämpfe.“
Der Konflikt reicht Jahrzehnte zurück und wurde immer wieder instrumentalisiert. Dass Hindus und Muslime einmal gemeinsam in der Babri Moschee gebetet haben, ist heute nicht mehr vorstellbar.
„Das jetzige Urteil ist das Beste für alle“, sagt Dr. Abdul Sami Bubere. Zwar sei eine Handvoll Menschen nicht zufrieden, aber das Leben müsse friedlich weitergehen. Bubere hat 1992 die heftigen Tumulte, die auch die Wirtschaftsmetropole Mumbai trafen, miterlebt. Er gab damals eine Urdu-sprachige Zeitung heraus. An dem Folgen litten nicht nur Muslime und Hindus, sondern auch andere Religionsgemeinschaften.
Bubere ist vor allem froh, dass es im Vorfeld des muslimischen Feiertages zu Ehren des Propheten Mohammed bisher zu keinen Ausschreitungen kam. „Indien ist ein religiöses Land und nicht alle Entscheidungen sind rational.“ Da sei es manchmal gut, Kompromisse einzugehen, sagt ein junger Muslim, der nicht genannt werden möchte.
Urteil ist Rückenwind für Premierminister Modi
Vom Urteil profitiert vor allem Premierminister Narendra Modi (BJP), der jetzt mit der Freigabe des Baus ein zentrales Wahlversprechen einlösen kann. Er lobte jetzt die Justiz dafür, eine strittige Frage „einvernehmlich“ geklärt zu haben. „Das Urteil sollte nicht als Sieg oder Niederlage für irgendjemanden betrachtet werden“, schrieb er auf Twitter.
Seine Partei hatte massiv mit dem Rama-Tempel geworben. Mohan Bhagwat, der Führer der radikal-hinduistischen Kaderorganisation RSS hinter der BJP, begrüßte die einstimmige Entscheidung des Gerichts. Er bezeichnete sie als Ausdruck von „Wahrheit und Gerechtigkeit“.
Pakistans Außenminister Shah Mehmood Qureshi kritisierte das Urteil. Die Entscheidung stürze Indiens Muslime in Ungewissheit und setze sie einem „Mangel an Sicherheit und Schutz“ aus. Indiens Außenministerium reagierte scharf auf die Kritik. Pakistans „krankhafter Zwang, unsere innenpolitischen Angelegenheiten mit dem offensichtlichen Zweck, Hass zu säen, zu kommentieren“ sei „verdammenswert“.
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