Autonome im venezolanischen Exil: Anklage gegen das Komitee
Zwei Autonome flüchteten nach Venezuela, weil sie versucht haben sollen, 1995 ein Abschiebegefängnis in Berlin zu sprengen. Nun wurde Anklage erhoben.
Zuletzt lebten Walter und Krauth in Venezuela im Asyl – und werden bis heute mit deutschem Haftbefehl gesucht. Nun erhob die Bundesanwaltschaft Anklage gegen die beiden vor dem Berliner Kammergericht.
Die Anklage wurde bereits im Dezember erhoben, aber erst jetzt von der Bundesanwaltschaft veröffentlicht. Sie wirft Krauth und Walter, heute 64 und 62 Jahre alt, die Verabredung zu der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion vor. Beide Männer hätten sich spätestens im Herbst 1994 zusammen mit Heidbreder zur linksmilitanten Gruppe „Das K.O.M.I.T.E.E.“ zusammengeschlossen. Deren Ziel sei es gewesen, mit Brand- und Sprengstoffanschlägen politische Veränderungen herbeizuführen.
Ein solcher Anschlag sei auch am 11. April 1995 auf das damals im Umbau befindliche Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau geplant gewesen. Das Trio habe vier Propangasflaschen mit 120 Kilogramm Sprengstoff und Zeitzündern präpariert. Bei der Umladung der Sprengsätze auf einem Parkplatz in der Nähe der Haftanstalt wurde die Gruppe aber von einer zufällig vorbeifahrenden Polizeistreife gestört und flüchtete.
Bereits ein halbes Jahr zuvor soll die Gruppe zudem einen Brandanschlag auf das Kreiswehrersatzamt in Bad Freienwalde verübt haben. Es entstand ein Sachschaden von 200.000 DM. Das „K.O.M.I.T.E.E.“ hatte sich 1995 nach dem gescheiterten Anschlag in Berlin-Grünau aufgelöst.
Die Bundesanwaltschaft sieht Taten nicht verjährt
Bereits vor Jahren hatte das Trio offenbart, dass es sich in Venezuela befindet. Die taz hatte Krauth, Walter und Heidbreder dort im Jahr 2017 besucht. Heidbreder verstarb 2021 dann an Krebs. Laut ihrem Anwalt sind Krauth und Walter weiterhin in dem Land. Venezuela gewährt den Männern seit 2021 politisches Asyl. Eine Auslieferung nach Deutschland wird verweigert, weil nach venezolanischem Recht die Taten bereits verjährt sind. In Deutschland ist dies nach Sicht der Bundesanwaltschaft nicht Fall: Wegen wiederholt erneuerter Haftbefehle ende die Verjährungsfrist erst im Jahr 2035.
Eine Sprecherin des Berliner Kammergerichts bestätigte der taz die Anklageerhebung. Das weitere Prozedere liege nun in der Hand des zuständigen Strafsenats, sagte sie. Die Sprecherin betonte aber, dass eine Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten nicht möglich sei.
Da Kurth und Walter nicht festgenommen sind, müssten diese sich also freiwillig dem Prozess stellen. Ob sie dazu bereit sind, wollte Walter auf taz-Anfrage nicht sagen. Er müsse sich zu der Anklage vorerst mit seinem Anwalt besprechen, teilte er mit. Auch der Anwalt von Krauth sagte der taz, er werde die nächsten Schritte erst mit seinem Mandanten besprechen.
Bereits in der Vergangenheit soll es seitens der Strafverfolger Angebote an die Gruppe gegeben haben, für den Fall, dass sie sich stellen – zuletzt eine Haftstrafe von höchstens dreieinhalb Jahren. Darauf waren Walter und Krauth aber nicht eingegangen. Mit der fortschreitenden Zeit wird die Straferwartung aber immer geringer. Auch den Anschlag in Bad Freienwalde wirft die Bundesanwaltschaft der Gruppe inzwischen nicht mehr vor.
Thomas Walter und Peter Krauth hatten sich zuletzt aus Venezuela weiter politisch geäußert. So hatte sich Walter mit kurdischen Kämpfern in Rojava, Klimaprotesten oder der früheren RAF-Terrorbeschuldigten Daniela Klette solidarisiert. Klettes früherer Wegbegleiter Burkhard Garweg, der bis heute ebenso flüchtig ist, hatte sich wiederum jüngst in einer ersten Stellungnahme aus dem Untergrund, welche die taz veröffentlichte, mit den „K.O.M.I.T.E.E.“-Verfolgten solidarisiert.
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