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Autoindustrie in der KriseAutozulieferer Bosch will tausende Stellen streichen

Antriebswende und nötige Investitionen – der Zulieferer will weltweit 5.550 Stellen abbauen. Ein Großteil davon soll in Deutschland wegfallen.

Autozulieferer Bosch will gut 5500 Stellen streichen Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Berlin afp | Der Automobilzulieferer Bosch plant mit einem weltweiten Abbau von rund 5.550 Stellen in den kommenden Jahren. Allein 3.800 Arbeitsplätze sollen an deutschen Standorten wegfallen, wie das Unternehmen und die Gewerkschaft IG Metall am Freitag mitteilten. Bosch verwies auf die schwierige Lage der Autoindustrie bei zugleich hohem Investitionsbedarf für die Antriebswende und neue Technologien, die Gewerkschaft übte scharfe Kritik.

Die größten Einschnitte soll es nach Angaben des Unternehmens bis Ende 2027 im Software-Bereich geben: In der Sparte Cross-Domain Computing Solutions für autonomes Fahren sollen weltweit 3500 Stellen wegfallen, die Hälfte davon in Deutschland. Nach Angaben der IG Metall sind die Standorte Leonberg, Abstatt, Renningen, Schwieberdingen und Hildesheim betroffen.

Zudem werden im Elektromotorenwerk in Hildesheim bis Ende 2026 rund 600 Stellen abgebaut und bis 2032 noch einmal 150. 1300 weitere Arbeitsplätze sollen am Standort der Lenkungssparte in Schwäbisch Gmünd wegfallen, allerdings erst in den Jahren 2027 bis 2030. Bosch setzt hier auf die Verlagerung in Ländern, in denen kostengünstiger produziert werden kann. Es gehe darum, „Lenksysteme zu wettbewerbsfähigen Preisen international anbieten zu können“, erklärte das Unternehmen.

„Die Nachfrage nach intelligenten Fahrerassistenzsystemen und Lösungen zum automatisierten Fahren sowie bei Steuergeräten für zentralisierte Fahrzeugarchitekturen entwickelt sich nicht so wie prognostiziert“, führte Bosch zur Begründung aus. „Aktuell werden viele Projekte in diesem Geschäftsfeld seitens der Automobilhersteller zurückgestellt oder aufgegeben.“

Laut IG Metall plant das Unternehmen weitere „Kostensparmaßnahmen“. Etwa würden in mehreren Bereichen alle Arbeitsverträge mit 40 oder 38 Stunden auf die 35-Stunden-Woche zurückgestuft. „Der Entgeltverlust von bis zu 15 Prozent betrifft rund 2300 Mitarbeiter an verschiedenen Standorten“, erklärte die Gewerkschaft.

„Die Ankündigung des Unternehmens, Personal in diesem Ausmaß zu reduzieren, ist für die Mitarbeiter ein Schlag ins Gesicht“, kritisierte Frank Sell, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats der Autozuliefersparte des Konzerns.

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15 Kommentare

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  • Ich weis nicht, warum alle sich so aufregen. Es ist vollkommen klar, daß für Elektroautos mindestens 50% weniger Teile von Zulieferern benötigt werden. Und wenn dann zusätzlich die FDP Sand ins Getriebe der Transformation streut hilft das auch nicht.

    Hier ein paar Bauteile, die es in einem E-Auto nicht gibt



    * Turbolader



    * Start-Stopp-Automatik



    * verschiedene Getriebearten



    * Abgasreinigungssysteme



    * Kupplungsgeber



    * Motorfilter



    * Ölwanne



    * Benzinschläuche



    * Kraftstofffilter

    Suma sumarum: Elektromotor: 200 / Eplosionsheitzungsmotor: 1000 bis 2000 Bauteile

    • @Semon:

      Das ist Fortschritt.



      Kein eigenes Auto mehr zu brauchen, weil unsere Infrastruktur wieder Bahn, Bus, Rad und das Nötige zu Fuß bereithält, das wäre sogar großer Fortschritt.



      Denn aus der Auto-Sackgasse werden wir schon aus Menschenschutzgründen (Klima) anpacken.

  • Nee - ernsthaft jetzt?



    Der weltweite Fahrradmarkt hatte 2023 ein Volumen von rund USD 80 Milliarden und wächst mit einer jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von etwa 9-10 %. Bis 2030 wird ein Marktvolumen von über USD 150 Milliarden erwartet​.



    Im Vergleich dazu ist der weltweite Automobilmarkt wesentlich größer. Im Jahr 2023 wurde er auf etwa USD 3,8 Billionen geschätzt. Das weltweite Wachstum liegt hier typischerweise bei 3-5 % pro Jahr.



    Ein Wechsel von der Automotiveindustrie in die Fahrradindustrie würde damit eine Schrumpfung der Firma um mindestens 96% bedeuten.



    Bosch beschäftigt aktuell ca. 134.000 Mitarbeiter in Deutschland. nach ihrem Vorschlag würden davon ca. 129.000 Stellen verschwinden und lediglich ca. 5.000 verbleiben.

    • @Andere Meinung:

      Wir würden also Miobilität mit einer deutlich besseren Produktivität lösen. Ja, noch ein Grund dafür!

  • Wir haben keine Standortvorteile mehr.



    Die die wir dachten noch zu haben (gut ausgebildete Fachkräfte, gute Infrastruktur), haben andere Länder längst mehr/bessere.



    Selbst bei Maschinenbau würde ich heutzutage als erstes an China denken, und nicht mehr an Deutschland. Vielleicht mögen die Chinesen noch nicht an allen Stellen genauso gut sein, macht aber überhaupt nichts, weil die billiger und zuverlässiger sind. Das gleicht minimale Unterschiede bei der Qualität (Bauteil muss nach 5 Jahren statt 10 ausgetauscht werden) locker wieder aus.



    Das selbe Prinzip gilt bei eigentlich jeder fortgeschrittenen Technologie. Brauch ich nen Programmierer, suche ich dann in Deutschland nach einen, oder nicht lieber China, Indien oder Korea?



    Andere Vorteile wie günstige Energie zum Beispiel haben sich ebenfalls in Luft aufgelöst.



    Mir fällt kein einziger Grund mehr ein, warum man hier irgendwas starten oder Investieren sollte, statt nicht lieber woanders. Euch?

  • Lasst uns die hunderte Milliarden, mit denen die Autoindustrie favorisiert wurden, wieder zumindest teilweise für die Allgemeinheit zurückbekommen, solange noch etwas da ist und noch nicht alles zu den teils arbeitsscheuen Dividenden-Erben geschoben wurde.

    Beim stiftungseigenen Bosch hingegen wünsche ich mir vor allem einen zeitigen frühen Umstieg auf E-Bike-Motoren (die werden ohne direkte oder indirekte Subventionen verkauft) und andere kluge, autounabhängige Teile. Es wäre sonst schade.

  • Die Mitarbeiterzahl der Bosch GmbH beträgt weltweit 430.000, in Deutschland 134.000 (laut Unternehmensangaben). Rein rechnerisch dürfte es sich bei den 5500 Stellen also um solche handeln, die vor allem auf natürliche Weise (altersbedingt oder Eigenkündigung) frei und nicht mehr besetzt werden.



    Da diese Stellen vermutlich mittel- und hochqualifizierte Mitarbeiter erforderlich machen, die in Deutschland nur noch sehr schwer zu bekommen sind, ist das eher ein absehbarer Schwund und nicht vergleichbar mit dem "Drama" bei VW.



    Jeder wegfallende Arbeitsplatz schlägt natürlich in Hinsicht auf die Sozialsysteme zu Buche.

    • @Vigoleis:

      Viele Betriebe könnten gute Facharbeiter und -ingenieure gebrauchen. Zu viele kluge Köpfe optimieren noch Autotürengeräusche oder ähnliches in dieser absehbar moribunden Branche. Das sehe ich gerade eher als kreative Zerstörung für eine breit aufgestellte Bundesrepublik.

  • Erlebe dein grünes Wirtschaftswunder 🤷‍♂️



    Es war ihr Wahlspruch - es war ihr Ministerium - sie müssen sich dran messen lassen...



    www.tagesschau.de/...ekordhoch-100.html

    • @Farang:

      Es gibt hohe Kosten durch ein aufgehitztes Klima. Das zeitig anzugehen und so andere mit ins Boot zu bekommen ist ökonomisch klare Sache.



      Die Energiewende schuf Kostentransparenz und öffnete der günstigsten Energieform die Tore. Die früheren versteckten Kosten von Atom, Kohle & Co. wollen Sie gar nicht ausrechnen. Andere taten es, und das finden Sie rasch.



      Covid und Ukraine ist aber natürlich durch Kevin Kühnert ausgelöst worden, den Punkt gebe ich Ihnen.

      • @Janix:

        Spannend das wir das einzige Land sind das in die Rezension schlittert. Keiner in Europa steht mit so schlechten Zahlen da - von USA, China, Indien wollen wir erst gar nicht anfangen. Dachte immer Klima ist was globales und nichts was an der Grenze aufhört...



        Mit die höchsten Strompreise der Welt, utopische Klimaziele, Rekordinsolvenzen - aber natürlich liegt nichts daran am scheidenden Wirtschaftsminister - alles äußere Faktoren, kann er nix für - so ein Amt bringt ja keinerlei Wirkmacht mit sich...🙄



        Dann können wir ja nächstes Mal den Stuhl leer lassen und uns das Ministerium sparen, wenn das gänzlich macht- und einflusslos ist

        • @Farang:

          Das merkel-gabrielsche Modell: künstlich scheinbillige Energie auf Kosten unserer Umwelt und Sicherheit, Sicherheitsnassauern bei der USA, teuer bezuschusstes Exportieren zu den Technologieabgreifern China,



          das geht gerade sichtbar zuende, und das ist auch gesund so.



          Wir sind nicht in einer Rezension (die ich mal mit Rezession übersetze), wenn wir Grundbedürfnisse mit weniger Produktion hinbekommen - das ist sogar Fortschritt, den wir bräuchten, wenn wir den Planeten langfristig gut bewohnen wollen (das wäre jetzt aber eine andere, grundsätzlichere Diskussion. Kurzfassung: BIP ist sinnvoll als Metrik im totalen Krieg, sonst eher nicht)

          Wer billige Energie will, siedelt seinen Betrieb an der Nordseeküste an oder setzt im Süden Solarpanele auf die Halle. Die Klimaziele sind noch zu niedrig. Die Kosten von rasanter Erderhitzung sind auch Ihnen bekannt. Bei den Insolvenzen wurde lang (Covid, ...) überbrückt, und den Schumpeter kennen wir doch auch beide.



          Ich hätte meine Kritik an jedem, auch an Habeck, aber sicher nicht bei diesen Punkten.



          PS: Wir haben uns in Habecks Zeit an Japan vorbeigeschoben, wenn Sie wirklich auf solche Zahlen stehen.

  • Kann mich noch erinnern, als der BK Scholz bei einer Industrietagung im Frühjahr den Spruch abgelassen hat: "Sich zu beschweren gehöre zu einem guten Kaufmann Job."



    Vollkommen unterirdisch diese Uninformiertheit. Die Abwanderung ist Fakt und nicht mehr aufzuhalten. Die Ignoranz der Macht, und die Wähler löffeln die Suppe aus. Dass dann mal auch die Steuern nicht mehr sprudeln ist dann ebenfalls auszuhalten.



    Für mich ist das deswegen so entsetzlich, da jeder der Verwandte oder Bekannte hier im Süden hat, das seit Monaten mitgekriegt hat. Ist wohl nicht bis BER durchgedrungen. Wie peinlich!

    • @Tom Farmer:

      Um die wichtigsten Peinlichkeiten im Zusammenhang mit BER zu erwähnen, ist die verfügbare Anzahl der Zeichen hier wesentlich zu knapp bemessen.

    • @Tom Farmer:

      Immer dieser aufgeregte Ton. Immer diese Übertreibung in den Wörtern. Wieso haben manche hier einen sprachlichen hohen Blutdruck? ;)



      Dass Bosch längst Umwelttechnologie und E-Bike-Motoren für alle statt Retro-Auto-Sachen hätte bauen müssen, ist Sache von Bosch. Verbrenner isch over, und die deutsche Autoindustrie kann sich auch nicht weiter mit Lobbytätigkeit als Kernkompetenz durchfüttern lassen, das sollte bekannt sein.