Autobahnausbau in Berlin: „Nie so nah dran, die A100 zu stoppen“
Der neue Standort der Zukunft am Ostkreuz gibt den Gegnern einer A100-Verlängerung Hoffnung. Die Grünen sehen das Projekt schon fast gescheitert.
Wie konnte es passieren, dass im Jahr 2023 trotz Klimakrise der Bau einer neuen Autobahn mitten durch die Stadt ernsthaft noch ein Thema ist? Sogar ein zentrales dieses Wahlkampfs. Am Dienstag machte ein CDU-Plakat die Runde, von dem man sich fragen musste, ob es nicht Satire ist: Es zeigt eine Frau beim Kaffee auf ihrem Balkon, garniert mit dem Spruch: „Mehr Ruhe im Kiez. A100 fertig bauen.“
Die Debatte entzündete sich, als Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zuletzt ein Ingenieurbüro mit der Planung des 17. Bauabschnitts vom Treptower Park bis zur Storkower Straße beauftragen ließ. Doch eine Hoheit der Autobahn-Fans, gar eine Vorentscheidung darüber, ob dieses Mammutprojekt mit einer Bauzeit von zehn Jahren wirklich kommt, gibt es nicht. Der rot-grün-rote Senat lehnt das Vorhaben geschlossen und entschieden ab.
Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch gab sich am Dienstag gegenüber der Morgenpost sicher: „Diese Autobahn wird niemals kommen“; sie verwies auf den Sanierungsstau bestehender Straßen und die enormen Kosten. Und Fraktionschef Werner Graf sagte der taz: „Wir waren noch nie so nah dran, die A100 zu stoppen.“
Graf stand am Mittwoch mit weiteren Grünen-Abgeordneten auf dem neuen Grundstück des Kulturstandorts Zukunft am Ostkreuz, zwischen dem Club Wilde Renate und der S-Bahn-Trasse. Für einige Jahre hat die Zukunft einen Vertrag erhalten, um hier ihre Zelte aufzuschlagen – mitten auf einer Vorhaltefläche für die Autobahn. Mehr als 100 Meter zieht sich die Brache von der Straße Alt-Stralau nach hinten. Zwei große Baracken sollen für Konzerte und Kino ausgebaut werden.
Zukunft ohne Autobahn
Für die Autobahngegner:innen, auch jene von der Bürger*inneninitiative A100, ist die für den Sommer anvisierte Eröffnung der neuen Zukunft ein Symbol dafür, dass die Flächen ganz anders genutzt werden können: für Grünflächen, Kultur und Wohnungsbau. Entsprechend optimistisch hielten Abgeordnete und Aktivist:innen ihre Anti-Autobahn-Schilder in die Kamera.
„Wer heute Autobahnen finanziert und baut, wird sie morgen abreißen müssen“, so die verkehrspolitische Sprecherin Antje Kapek, die auch Sympathien für einen Rückbau des vor der Fertigstellung stehenden 16. Bauabschnitts hegt. An diesem Stück Autobahn scheiterten 2011 Koalitionsgespräche von Grünen und SPD. Kaum denkbar, dass die Grünen sich nach dieser Wahl auf die CDU einlassen würden. Jede Debatte über die Autobahn sei „Zeitverschwendung“, hieß es. Wahlkampf aber auch.
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