Ausweisungen aus Deutschland: 69 Afghanen nach Kabul abgeschoben
Bund und Länder haben die größte Gruppe abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan abgeschoben. Flüchtlingsorganisationen kritisieren das Vorgehen.
Bisher hatte eine Vereinbarung gegolten, wonach nicht mehr als 50 Passagiere an Bord von Abschiebeflügen sein dürfen. Oft waren es weniger als 20 Passagiere pro Flug. Die aus München kommende Maschine war um 8.40 Uhr Ortszeit in Kabul gelandet.
Insgesamt haben Bund und Länder nun mehr als 280 Afghanen auf direktem Weg in ihr Heimatland zurückgebracht. Aus welchen Bundesländern die Abgeschobenen kamen, blieb zunächst unklar.
Flüchtlingsaktivisten hatten am Vorabend gesagt, dass es sein könne, dass Abschiebungen wieder über die bisher geltenden drei Kategorien ausgeweitet wurden. Seit einem schweren Anschlag vor der deutschen Botschaft in Kabul im Mai 2017 hatten die Behörden Abschiebungen beschränkt auf Straftäter, terroristische Gefährder und Menschen, die „die Mitwirkung an der Identitätsfeststellung hartnäckig verweigern.“
Jungs aus Integrationsklassen
Die Abschiebungen sind wegen der sich rasant verschlechternden Sicherheitslage in Afghanistan umstritten. Die radikalislamischen Taliban lehnen Friedensangebote ab und verschärfen ihre Angriffe auf Regierung, Sicherheitskräfte, Bezirks- und Provinzzentren.
Dem Bayerischen Flüchtlingsrat sind insgesamt 18 Fälle aus Bayern bekannt. „Darunter sind Jungs, die in die Integrationsklasse gingen – mindestens zwei – und mehrere, die krank sind.“ Weitere Abgeschobene befanden sich in einer Ausbildung.
„Die bayerische Regierung vermittelt den Eindruck, als wäre alles menschliche Ermessen obsolet, wenn es um Flüchtlinge geht. Es drängt sich der Eindruck auf, dass Bayerns Innenminister Herrmann mit der Brechstange auf Flüchtlinge losgeht. Dass hier gut integrierte Jungen und Männer aus ihren sozialen Beziehungen gerissen werden, dass es Gefahr und Unsicherheit sind, die sie im Falle einer Abschiebung nach Kabul erwarten, dass Kranke nach einer Abschiebung keine Chance auf eine Behandlung haben werden – all dies spielt bei Innenministerium und Ausländerbehörden keine Rolle,“ kritisiert Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats.
Ähnlich äußerte sich auch die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. Sie warnte: „Bayern mit seiner ohnehin rigiden Abschiebepraxis prescht jetzt voran. Fakten zählen in der von der CSU gegenwärtig mitgeschürten flüchtlingsfeindlichen Stimmung nichts.“
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