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Ausweisung von Prediger rechtswidrigMeinungsfreiheit für Salafisten

Bremens Innensenator Mäurer (SPD) hat einen muslimischen Prediger rechtswidrig ausgewiesen. Das hat das Bremer Verwaltungsgericht festgestellt.

Auch schon rechtswidrig: Razzia im IKZ 2015 Foto: Carmen Jaspersen/dpa

Bremen taz | Mit einer Frist von gerade 21 Tagen sollte der tunesische Prediger Abbes Ch., der seit 2001 in Bremen lebt, in sein Heimatland ausreisen. Auf 20 Jahre sollte es eine Wiedereinreisesperre geben. So hat es die Bremer Innenbehörde im Frühjahr 2022 verfügt. Begründung: Er würde in seinen salafistischen Predigten, die auch im Internet übertragen werden, „hasserzeugende“ und „terrorismusunterstützende Botschaften“ verbreiten und stelle damit eine „erhebliche Gefahr für den inneren und äußeren Frieden der Bundesrepublik Deutschland“ dar.

Die Ausweisung war rechtswidrig – das Verwaltungsgericht entschied nun, seine Äußerungen bewegten sich im Rahmen der Meinungsfreiheit und ließen keine von ihm ausgehende relevante Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erkennen. Offenbar hat der Bremer Verfassungsschutz auch schlampig zugearbeitet.

Die Zitate seien oft aus dem Zusammenhang gerissen wurden und es sei unklar, von wem die Sätze übersetzt worden seien. Transkripte der Predigten in Originalsprache sind dem Gericht nicht vorgelegt worden. Bei einigen der dem Prediger vorgeworfenen Aussagen handelt es sich zudem um wörtliche Zitate aus dem Koran.

Das „IKZ“ am Breitenweg wird seit Jahren streng vom Verfassungsschutz überwacht, gegenüber dem Eingang ist seit 20 Jahren eine Kamera angebracht. Dennoch ist es dem Verfassungsschutz bisher nicht gelungen, Hinweise auf strafbare Handlungen beizubringen. Auch die öffentlich verbreiteten Äußerungen des Predigers haben offenbar keine strafrechtlich relevante Grenze überschritten. Umso erstaunlicher, dass die Innenbehörde damit eine Ausweisung rechtfertigen wollte.

Distanzierung vom IS

Der Prediger hatte Ungläubige als „Enkel der Affen und Schweine“ bezeichnet und damit Tötungshemmnisse verniedlicht, aber auch das fällt unter die Meinungsfreiheit. Zudem, so erklärte das Gericht, sei bei diesen allgemeinen Aussagen fraglich, wer überhaupt gemeint gewesen sei. Die Formel ist in salafistischen Kreisen verbreitet, Abd al-Asis al-Umari, der mit Mohammed Atta in den Nordturm des World Trade Centers flog, rechtfertigte damit in einem Video-Testament seine mörderische Tat.

Gleichzeitig hat der Prediger sich aber schon 2015 sehr scharf von den Anhängern des IS (Daesch) distanziert und die IS-Kämpfer als „Narren und Idioten“ bezeichnet, ihre Handlungsweise sei ein „Verbrechen“. Hintergrund ist, dass einige der Gemeindemitglieder des IKZ Angehörige von Opfern des IS sind, IS-Sympathisanten wurden von der Mitgliedschaft im IKZ ausgeschlossen.

Solche Differenzierungen überfordern offenbar den Bremer Verfassungsschutz. Im Februar 2015 behaupteten die Bremer Ermittler sogar, dass im IKZ 60 Maschinenpistolen für einen Terroranschlag in Stadtzentrum von Bremen gelagert würden, und rechtfertigten damit eine Durchsuchung der Gebetsräume mit Hunden – was für gläubige Muslime besonders entweihend ist. Als „Haupttäter“ eines geplanten Anschlages wurden zwei Mitglieder des IKZ beschuldigt.

Schon eine Durchsuchung 2015 war rechtswidrig

Die Durchsuchung sei rechtswidrig gewesen, stellte das Bremer Verwaltungsgericht fest, die Ermittlungen gegen die „Hauptbeschuldigten“ wurden sang- und klanglos eingestellt. Die Behauptung eines drohenden Terroranschlages entpuppte sich als Hirngespinst, zusammenfantasiert auf der Grundlage zweier dubioser Informantenaussagen. Damals schon wurden dem Bremer Innensenator diskriminierende Äußerungen über das IKZ untersagt.

„Wir lassen uns das öffentliche Leben nicht von Terroristen diktieren“, hatte der Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) nach dem Bremer „Terrorwochenende“ 2015 erklärt. Schon zwei Monate danach war klar, dass seine Behörde die Öffentlichkeit nur mit ihren unbegründeten Terrorfantasien in Aufregung versetzt hatte. In ähnlicher Weise haben die Bremer Richter auch jetzt, sieben Jahre später, die Bedrohungsfantasien über den Salafistenprediger für unbegründet erklärt.

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