Australiens Premier droht Entmachtung: Aufstand in der eigenen Partei
Tony Abbott wird für schlechte Wahlergebnisse seiner Partei verantwortlich gemacht. Abgeordnete wollen nun über seinen Parteivorsitz abstimmen.
CANBERRA ap | Der australische Premierminister Tony Abbott muss sich nach regionalen Wahlschlappen und umstrittenen Entscheidungen einer Rebellion in den eigenen Reihen stellen. Der Parlamentarier Luke Simpkins schrieb in einer E-Mail an seine Kollegen von der Liberalen Partei, er werde auf einem Parteitreffen am kommenden Dienstag Abbott auffordern, über den Parteivorsitz abstimmen zu lassen. Sollte Abott verlieren, müsste er nach australischer Tradition auch das Amt des Regierungschefs abgeben.
Abbott kündigte an, es gar nicht wo weit kommen lassen zu wollen. Seine Stellvertreterin Julie Bishop und er würden die Partei aufrufen, sich gegen eine Abstimmung über den Vorsitz auszusprechen, erklärte er am Freitag.
Nach etwa der Hälfte seiner ersten Amtszeit als Premierminister steht Abbott unter zunehmendem Druck, weil er in Meinungsumfragen überaus schlecht abschneidet. Abbotts Unbeliebtheit wird teils dafür verantwortlich gemacht, dass die konservative Regierungspartei große Verluste bei den Wahlen in den Staaten Victoria im November sowie Queensland im Januar einstecken musste.
Die Revolte innerhalb der eigenen Partei löste Abbott aus, als er den britischen Prinzen Philip am Nationalfeiertag in Australien Ende Januar zum australischen Ritter ernannte.
Dies sei „der endgültige Beweis“ dafür gewesen, dass der Premierminister die Verbindung zu den Menschen verloren habe, schrieb Simpkins seinen Parteikollegen. Deshalb sei es seiner Meinung nach wichtig, die Unterstützung für ihn innerhalb der Partei zu testen. Der Abgeordnete Don Randal kündigte an, den Vorstoß zu unterstützen.
Die Herausforderung Abbotts könnte so weit reichen, dass Kommunikationsminister Malcolm Turnbull bald neuer australischer Regierungschef werden könnte. Turnbull hatte das Rennen um das Amt des Parteichefs gegen den konservativeren Abbott 2009 mit nur einer Stimme weniger verloren. Damals waren die Liberalen noch in der Opposition.
Chaos vermeiden
Abbott reagierte am Freitag mit der Ankündigung, dass Bishop und er auf dem Treffen fordern würden, den Antrag zurückzuweisen. Die Australier hätten die Mitte-Links-Regierung der Arbeiterpartei um Kevin Rudd 2013 abgewählt, weil sie chaotisch und zerstritten gewesen sei. Sie habe innerhalb von vier Jahren zweimal ihren Premierminister gewechselt und interne Führungskämpfe ausgetragen.
„Wir sind nicht die Arbeiterpartei und wir werden das Chaos und die Instabilität ihrer Jahre nicht wiederholen“, sagte Abbott vor Journalisten.
Es ist bislang nicht klar, ob ein Abgeordneter nominiert wird, der gegen Abbott oder seine Außenministerin Bishop antritt. Turnbull wird am ehesten als möglicher Kandidat angesehen. Er hat sich dazu am Montag zunächst nicht geäußert. Simpkins sagte aber, er erwarte, dass Turnboll einer von mehreren Herausfordern sein würde.
Abbott bekam Rückendeckung von einigen Ministern aus seinem Kabinett. Dessen Unterstützung innerhalb der Regierung sollte nicht durch eine Abstimmung ausgelotet werden, hieß es. „Es ist völlig unnötig und es wird uns ein bisschen wie einen Zirkus aussehen lassen“, sagte etwa Handelsminister Andrew Robb.
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