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Ausstellungsempfehlung für BerlinDie Lust an der Abstraktion

Die Karl Oskar Gallery zeigt Malerei und Skulpturen von „Killer Abstract Women“. Die taz sprach mit den Kurator*innen.

Killer Abstract Women, 2019, Ausstellungsansicht Karl Oskar Gallery Foto: Courtesy Karl Oskar Gallery
Noemi Molitor
Interview von Noemi Molitor

Wie die Haut aus Acrylspuren, die Nina Rodin von ihrer Palette geborgen hat, genüsslich über ein paar Pinseln in einem Glas zerfließt, ist nicht nur äußerst lustvoll, sondern auch ein cleverer Trick, der abstrakten Malerei eine neue, nichtfigürliche Körperlichkeit zu verleihen.

Die „Studio Muses“ getaufte Schicht hat sich mit der Zeit bis zum Zerreißen gespannt und schickt je nach Blickwinkel leuchtende und pastellige Farben aufeinander los. Spannung, Clash und Farbintensität – die Wirkungskräfte, die bei Rodin am Werk sind, ziehen sich durch die Gruppenausstellung in der Karl Oskar Gallery.

Kuratiert von Amrita Dhillon und Peter Wilde, versammelt „Killer Abstract Women“ außerdem Arbeiten von Claudia Chaseling, Heike Gallmeier, Katharina Grosse, Silke Kästner, Gisela Kleinlein, Sabine Tress und Deborah Wargon. And killing it, they are: Drei dicht gehängte Ölgemälde auf tiefen Keilrahmen von Sabine Tress triefen förmlich unter dem pastosen Farbauftrag. Auch „Streaming both ways“ von Claudia Chaseling knallt mit seinen Aluminiumschichten regelrecht von der Wand.

Die Malerin Amy Sillman schrieb einmal, der Abstrakte Expressionismus täte ihr ob der vielen Macho-Klischees, die ihm angelastet werden, fast leid, denn solche Kritik schreibe die Gender-Überladung erst fest. Wie hier in der Galerie mit Killer Instinct die Lust an Material und Form herausgekehrt wird, ist die alternative Erzählung, die Sillman im Sinn hatte – todsicher.

Einblick (778): Amrita Dhillon, Künstlerin / Galerieleiterin, Peter Wilde, Künstler / Galerist

Die Ausstellung

Karl Oskar Gallery, Finissage: 20. 6., 18 Uhr, Besuch noch bis 26. 6. nach Vereinbarung: info@karl-oskar-gallery.com, Burgemeister Str. 4

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat euch zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

Amrita Dhillon: CFA zeigt totemisch-symbolische Figuren von Tal R. Faszinierend war es, die ungewöhnliche Palette von „verschmutzten“ Grundfarben live zu sehen.

Peter Wilde: Die vergangene André-Butzer-Ausstellung bei Max Hetzler hat bewiesen, dass man Kunstwerke wirklich vor Ort sehen muss, um die Größe, Textur und Details der Arbeit zu begreifen.

Welchen Klub oder kulturellen Ort in Berlin könnt ihr empfehlen?

AD: Das Mahnmal im Treptower Park. Die Stimmung ändert sich je nach Jahreszeit und Tageszeit drastisch.

PW: Als enthusiastische Liebhaber der deutschen Malerei von 1850 bis zur Moderne, verbringen mein Partner und ich viel Zeit in der Alten Nationalgalerie.

Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet euch zurzeit durch den Alltag?

Britta Adler
Im Interview: Amrita Dhillon & Peter Wilde

Amrita Dhillon, geboren in Neu-Delhi, Indien, sie befasst sich als Künstlerin hauptsächlich mit der Malerei. Sie studierte an der Bard Universität in New York und Berlin mit Schwerpunkten in deutscher Geschichte, Kunstgeschichte und Philosophie. Seit 2013 lebt und arbeitet sie dauerhaft in Berlin. Seit 2018 ist sie Galeriedirektorin der Karl Oskar Gallery in Tempelhof.

Peter Wilde, geboren in Toronto, Kanada, studierte bildende Kunst an der York University in Kanada. Als Künstler hat er sich vor allem mit der Malerei und Skulpturn beschäftigt. Er hat u. a. zwei Kriegsdenkmäler in Washington D.C. geschaffen. Seine Werke befinden sich in Museen und Privatsammlungen auf der ganzen Welt. Peter Wilde lebt und arbeitet seit 12 Jahren in Berlin. 2018 gründete er die Karl Oskar Gallery.

AD: „Jamaica Inn“ von Daphne du Maurier (1936), ein finsterer gotischer Albtraum in Cornwall. Eine gruselige großartige Studie über das Böse.

PW: „I Love Dick“, von Chris Kraus, ein quasi aus dem Stehgreif zum Klassiker gewordener feministischer Künstlerroman.

Was ist euer nächstes Projekt?

„Photospiel“, eine Ausstellung in der Karl Oskar Gallery in diesem Herbst, die sich mit dem Spiel zwischen Fotografie und Malerei beschäftigt – u.a. mit Werken von Arnulf Rainer, Dieter Roth, Sigmar Polke und Robert Rauschenberg.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht euch am meisten Freude?

AD: Mein Projektor. Ich genieße es, Vintage-Filme auf einer Leinwand projiziert anzusehen, anstatt auf dem Bildschirm.

PW: Ich laufe jeden Tag durch den Park in Alt-Tempelhof zu unserer Galerie. Es gibt dort eine Kirche aus dem 13. Jahrhundert neben einem großen Ententeich mit einer Brücke und Wasserfällen. Welch Privileg!

Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer donnerstags in der Printausgabe der taz.

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