Ausbruch der Maul- und Klauenseuche: Seuchen auf dem Land
Der „Kritische Agrarbericht“ wurde auf der Grünen Woche in Berlin vorgestellt. Er enthält ein Kapitel zum Ausbruch der Maul- und Klauenseuche.
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Das nennt man Punktlandung. Der neue „Kritische Agrarbericht“, der auf der Grünen Woche in Berlin vorgestellt wurde, enthält sogar ein Kapitel, das auf das aktuelle Topthema eingeht, das die weltgrößte Agrarmesse derzeit überschattet: der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS).
Unter den Titel „Die Illusion der Seuchenfreiheit“ stellt die bekannte Veterinärmedizinerin und Expertin für ökologische Landwirtschaft, Anita Idel, die „Versäumnisse, Risiken und Folgeschäden jahrzehntelanger Tierseuchenbekämpfung“ dar. Auch in weiteren Aufsätzen ist das seit 22 Jahren erscheinende Standardwerk der alternativen Landwirtschaft eine Fundgrube, nicht nur für die Problematiken heutiger Agrar- und Genforschung, sondern auch für ökologisch und nachhaltigere Wissenschaftsansätze in Ackerbau und Viehzucht.
In ihrem Beitrag, der auch die Tierseuchen Afrikanische Schweinepest und Vogelgrippe behandelt, verweist Anita Idel darauf, dass bis zum Beginn der 1990er-Jahre in den Ställen gegen MKS geimpft wurde. In der Europäischen Gemeinschaft handelte es sich dabei um eine jährliche Pflichtimpfung der Rinderbestände. Der letzte Ausbruch in Deutschland war 1988, in England 2001. Dann aber setzten die USA, selbst seit 1929 MKS-frei, „aus Eigeninteresse durch, dass international nur noch Fleisch von nicht gegen MKS geimpften Tieren gehandelt wurde“, heißt es in dem Beitrag. Die Risikokurve zog an.
Wie genau die MKS erstmals nach 35 Jahren wieder nach Deutschland gelangen konnte, auf einen Büffelbetrieb im brandenburgischen Hönow, ist weiterhin völlig unklar. Auch Kritiker der konventionellen Landwirtschaft hatten damit nicht gerechnet, wie Tierärztin Idel gestern gegenüber der Deutschen Presseagentur erklärte: „Dieser Ausbruch der MKS ist tatsächlich völlig überraschend.“
Politische Interessen als Seuchentreiber?
Im „Kritischen Agrarbericht“ warnt sie davor, dass die Gefahr von Tierseuchen seit Jahrzehnten „infolge politischer und wirtschaftlicher Interessen“ nicht ab-, sondern zunehme. Statt Weiter-so in der Tierzucht seien „Ursachenvermeidung bei Zuchtzielen, Haltungs- und Handelsbedingungen ein Muss – mit und ohne Impfungen“.
Weitere Forschungs-Themen des 336 Seiten-Kompediums behandeln unter anderem die Digitalisierung der Landwirtschaft, den Einsatz von Drohnen und Robotern auf den Feldern und die europäische Gesetzeslage bei der Regulierung der Gentechnik im Pflanzenbau. Verwiesen wird auch darauf, dass in Deutschland nach wie vor nur 2 Prozent der Agrarforschungsmittel in agrarökologische Forschungsfelder fließen. Auch auf europäischer Ebene sei „der Beitrag ähnlich gering“. Für die wissenschaftliche Untersetzung der Agrarwende gebe es mithin „noch viel Luft nach oben“.
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