Ausbreitung des Corona-Virus: Testen, was das Zeug hält
Am besten wäre es, möglichst viele Menschen auf eine Corona-Infektion hin zu testen, das gibt aber die Infrastruktur nicht her.
An die Grenze kommt zum einen die bundeseinheitliche Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116117. Zum anderen sind es die Laborkapazitäten, die mobilisiert werden müssen, nachdem sich Menschen mit einem Infektionsverdacht gemeldet haben.
An den ärztlichen Bereitschaftsdienst sollen sich alle wenden, die aus einem Risikogebiet kommen oder Kontakt mit einem nachweislich infizierten Menschen hatten und zugleich selber Symptome zeigen. „Wir erhielten in den vergangenen Tagen bis zu 20.000 Anrufe am Tag“, sagt Walter Plassmann, der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg. „Das ist 25 Mal so viel wie in normalen Zeiten.“
In Schleswig-Holstein sind es rund 10.000 am Tag, darunter bestimmungsgemäß auch Anrufe aufgrund anderer Krankheitsbilder – aber auch solche mit allgemeinen Fragen im Zusammenhang mit der Corona-Krise, die mit dem ärztlichen Bereitschaftsdienst nichts zu tun haben. Die reichten von Hygiene-Empfehlungen bis hin zur Lohnfortzahlung, berichtet Delf Kröger von der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein.
Testzentren im Freien
Die Länder rüsten die Hotline wegen des Andrangs technisch und personell auf. Die Hamburger Gesundheitsbehörde will sogar ein neues Angebot aufbauen, um die Nummer zu entlasten: Leute, die keine Symptome zeigen, sollen sich in Zentren unter freiem Himmel in der Nähe von Krankenhäusern testen lassen können.
Was zunächst paradox klingt, erklärt Plassmann von der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg damit, dass damit nicht die Laborkapaziäten angezapft würden, auf die die Ärzteschaft zurückgreife, sondern die der Krankenhäuser.
Hamburg, sagt Plassmann, habe traditionell große Laborkapazitäten. Diese würden aber auch von anderen Bundesländern in Anspruch genommen. Dazu gehöre Niedersachsen, in dessen Testzentren auch Leute Proben abgäben, die zwar in Risikogebieten gewesen seien oder Kontakt zu Infizierten gehabt hätten, aber keine Symptome aufwiesen. Sie abzuweisen, sei praktisch unmöglich. „Wenn ich dürfte, würde ich Sie mal mithören lassen, wenn ich jemandem am Telefon sage: Sie kriegen keinen Test“, sagt Plassmann.
Aus Sicht der Behörden und der Ärzteschaft geht es darum, die materiell und personell begrenzte Laborkapazität optimal zu nutzen. Das Problem dabei: Viele Infizierte zeigen keine Symptome, sind aber ansteckend. Sie rutschen unterm Radar durch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“