Aus für die Super League: Gegenwind aus allen Richtungen
Das Modell der Fußball-Super-League ist gescheitert, weil die Widerstände im konsensualen Europa zu groß sind. Noch.
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D ie Gründung einer Super League geht einher mit dem Bruch eines Gesellschaftsvertrages. Das wurde in den vergangenen Tagen mehr als deutlich. Die Reaktionen auf den Vorstoß von zwölf Großklubs waren geharnischt. Man rückte die Superligisten in die Nähe von Verbrechern, sprach vom „dreckigen Dutzend“. Es wurde derart hochpolitisch, dass man denken konnte, hier habe tatsächlich jemand dem konsensualen, geschichtsbewussten Europa den Krieg erklärt.
Der Angriff musste als unverschämt aufgefasst werden, weil sich die Uefa ja ohnehin seit Jahrzehnten als Erfüllungsgehilfe der Großklubs geriert und so gut wie nichts unternimmt, um die Chancengleichheit auf ein Niveau zurückzuführen, das dem Fußball guttäte. Stattdessen: willige Beihilfe zum exponentiellen Umsatz- und Prämienwachstum bei den Großklubs, die sich in den Gefilden der Champions League vom Rest absetzen.
Offene Konfrontation
Auch die am Montag verabschiedete Reform der Eliteklasse dient den Interessen eines Manchester United oder Bayern München. In diesem Klima der Privilegierung der Privilegierten wollten die Superligisten noch mehr herausschlagen, woraufhin ein Stereotyp auf Hochglanz poliert wurde: Die Raffkes können den Hals nicht voll bekommen. Die offene Konfrontation nicht nur mit der Uefa, sondern auch mit allen, die für den gewachsenen Fußball in Europa in die Bütt gehen – Fans, Politiker, Funktionäre, Normalokonsumenten – ging zu weit.
Weil die Superduperfußballisten gesehen haben, dass ihr Businessmodell noch mindestens zehn Jahre zu früh kommt und sie Gefahr laufen, die Basis zu verlieren, sind nun alle sechs englischen Super-League-Aspiranten von der Fahne gegangen. Die Super League als konkretes Vorhaben ist somit tot, als Drohkulisse wird sie weiterbestehen. Seit den 80er Jahren macht sie allzu romantischen Funktionären Beine.
Das plötzliche Einlenken geht nicht zurück auf eine starke Uefa mit ihrem Präsidenten Aleksander Čeferin. Es liegt vielmehr an der Stärke des Gegenwindes, der aus allen Richtungen blies. Ein Geschäftsmodell darf seine Konsumenten nicht verprellen. Es funktioniert nur, wenn das Angebot auf Nachfrage trifft. Die mag prinzipiell da sein, aber noch ist sie moralisch diskreditiert. Der nächste Testballon wird aber irgendwann steigen.
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