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Aus für US-Sanktionen gegen SyrienJubel und Verwunderung in Damaskus

US-Präsident Trump hat angekündigt, die Sanktionen gegen Syrien aufzuheben. Das könnte helfen, das kriegszerrüttete Land aufzubauen.

Damaskus, Syrien, 13. Mai: Jubel am späten Abend nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die Sanktionen aufzuheben Foto: Omar Albam/ap

Amann taz | Die Überraschung war groß am Dienstagabend in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Nach monatelangem Hin und Her hat US-Präsident Donald Trump beim Auftakt seiner Nahost-Reise in Saudi-Arabien angekündigt, die US-Sanktionen gegen Syrien aufzuheben. Spürbar war die Verwunderung wie die Freude in den Straßen der Hauptstadt.

Zu Hunderten strömten Syrer und Syrerinnen zum Hauptplatz Umayyad im Westen der Stadt, schwenkten die neue syrische Flagge mit den drei roten Sternen, ließen die Lampen ihrer Handys in den dunklen Alleen leuchten wie ein Meer aus Glühwürmchen, hupten aus den Wagen im Stau, sangen patriotische Lieder. „Inta suri hor“, du bist ein freier Syrer, hallte immer wieder über den Verkehrskreisel vorm Platz.

„Ich, als Syrer, fühle mich jetzt wirklich frei. Ein freier Mann, der den Duft der Freiheit wieder einatmen kann. Ich bin zutiefst berührt“, sagt der 47-jährige Wissam Joumaa aus Damaskus begeistert. „Ich bin mit den Sanktionen aufgewachsen. Ich erinnere mich an die 80er Jahre, als viele ausländische Produkte fehlten, Medikamente etwa. Nach 2011 war die Lage noch schlimmer.“

Sanktionen haben in Syrien eine lange Geschichte, bereits Ende der 70er Jahre haben die USA das Land wegen seiner Unterstützung der Hisbollah auf die Terrorliste gesetzt. Nach Beginn des Bürgerkriegs 2011, als die Menschenrechtsverletzungen durch das Regime Assads ans Licht kamen, haben die USA weitere Sanktionen verabschiedet.

Sanktionen trafen die Bevölkerung hart

Eigentlich sollten sie die autokratische Regierung Assads schwächen, doch trafen sie die Bevölkerung hart. So ist Syrien aus vielen internationalen Transaktions- und Banksystemen ausgeschlossen, Visa-Kreditkarten funktionieren dort nicht, Versandhändler wie Amazon liefern nicht nach Syrien, der Export vieler Produkte, beispielsweise im Energiebereich, war lange verboten. Dies hat die Preise vieler Konsumgüter erhöht und zu einem Mangel an Medikamenten und Treibstoff geführt. Westliche Investitionen waren bislang kaum möglich, Hilfsorganisationen beklagten Schwierigkeiten, ihr Alltagsgeschäft am Leben zu halten.

Nach dem Sturz Assads am 8. Dezember kam eine Rebellenkoalition an die Macht, die von der ehemaligen islamistischen Gruppe Hayat Tahrir al-Scham angeführt wurde. Diese stand wie ihr Anführer und jetziger Präsident Syriens, Ahmed al-Scharaa, auf der Terrorliste sowohl der USA als auch der EU. Al-Scharaa plädiert seit Monaten für eine Aufhebung der Strafmaßnahmen. In seinen Reden beteuert er immer wieder, man habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und wolle nun in Frieden leben.

Am Dienstag hat Trump tatsächlich angekündigt, alle US-Sanktionen, die noch in Kraft sind, zu streichen. „Ich werde die Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien anordnen, damit sie eine Chance haben, großartig zu werden. Es ist ihre Zeit gekommen, zu glänzen“, sagte er vor einem Investitionsforum in der saudischen Hauptstadt Riad. Die Entscheidung sei nach Gesprächen mit dem türkischen Präsident Recep Tayyip Erdoğan und dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman gefallen.

Gewaltspirale könnte durchbrochen werden

Be­ob­ach­te­r*in­nen erwarten, dass dies der syrischen Regierung hilft, die kriegszerrüttete Infrastruktur des Landes wieder aufzubauen. Auch sollten Investitionen in Syrien angekurbelt und die Arbeit von humanitären NGOs erleichtert werden. Laut Senior-Analyst Nawaar Hawach, der für den Thinktank International Crisis Group arbeitet, ist dies „ein großer Schritt hin zur wirtschaftlichen Erholung des Landes“.

Und das könnte ebenso dazu beitragen, die Gewaltspirale durchzubrechen. „Viele Menschen werden durch Armut in die Arme von extremistischen, bewaffneten Gruppen getrieben. Das könnte die Dynamik im Lande ändern.“ Syriens Außenminister Asaad al-Schibani schrieb auf X, „wir teilen diesen Erfolg mit unserem syrischen Volk, das sich selbst geopfert hat, um Syrien seinen rechtmäßigen Platz zurückzugeben“. Er bedankte sich bei bin Salman und Trump und pries die saudische Diplomatie. Jetzt beginne ein neues Kapitel für Syrien.

Am Mittwoch traf sich Trump dann mit al-Sharaa. Es ist das erste Meeting zwischen einem US- und einem syrischen Präsidenten in 25 Jahren. Dabei forderte Trump laut der Sprecherin des Weißen Hauses al-Scharaa auf, den Abraham-Abkommen beizutreten. Diese sehen eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Staaten vor. Al-Scharaa soll geantwortet haben, man halte an dem Abkopplungsabkommen 1974 fest.

Das Abkommen regelt die Waffenruhe sowie die Pufferzone zwischen Syrien und Israel, ist aber kein Friedensvertrag. Israel hält derzeit die Golanhöhen besetzt und ist nach dem Sturz Assads in weitere Gebiete Syriens einmarschiert. Auch hat das Land seitdem mehrere hundert Stellungen, meistens ehemalige militärische Posten, in Syrien gebombt. Trump ist am Mittwoch weiter nach Katar geflogen. Am Donnerstag will er in die Vereinigten Arabischen Emirate reisen.

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2 Kommentare

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  • Ich denke, dass dies im Moment die absolut richtige Entscheidung ist. Wie hier auch gesagt wird, es kann die Gewaltspirale durchbrochen werden, die Infrastruktur aufgebaut werden, was auch Arbeitsplätze schafft und in Kombination mit Handel die Armut zumindest reduzieren kann. Was es jetzt zusätzlich braucht ist Stabilität, Frieden (keine Bomben von außen) und wenn Einfluß von außen, dann erstmal beratend oder indem man die Zivilgesellschaft stärkt/ unterstützt. Der Aufbau des Landes wird nicht über Nacht passieren, dafür braucht es Hilfe nicht Druck. Und wenn es doch schief gehen sollte, sind Sanktionen schnell wieder eingeführt. Aber erstmal brauchen die Menschen die Freiheit die sie gerade verspüren und sollen ihr Recht auf Selbstbestimmung ausüben.

  • Na, hat da der Orangene außenpolitisch EINMAL was richtig gemacht? Es scheint fast so, wenigstens aus westlicher Perspektive.



    Wenn die USA in der Ukraine dann noch komplett auf europäischen Kurs umschwenken - wegen Putins Borniertheit stehen die Chancen gut (und natürlich wegen Trumps gekränkter Eitelkeit, es nicht geschafft zu haben, Russland zu echten Friedensverhandlungen zu zwingen) -, wäre das amerikanisch-europäische Zerwürfnis erst einmal vom Tisch.



    Die Transatlantiker könnten aufatmen, denn die USA blieben die unangefochtene Führungsmacht der NATO - die europäischen Staatschefs Starmer, Macron und Merz müssen dann auch nicht in einen (im Grunde ungewollten) Konflikt mit der Trump-Administration gehen.



    Die Welt wäre wieder in guter (westlicher) Ordnung, über eine eigene europäische Sicherheitsarchitektur muss hinter dem breiten Rücken von Uncle Sam auch nicht weiter nachgedacht werden - uff, das Verhängnis noch einmal abgewendet!



    Die Rüstungsausgaben der EU-Staaten werden trotzdem steigen, denn das verlangt Uncle Sam ja von uns.



    Mit dem Syrien-Deal hat Trump außerdem die Position Israels in der Region gestärkt - oder eine Gefahr abgeräumt, je nachdem, wie man es sieht.