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Aufwertungspläne für den Görlitzer ParkSchlosspark im Crack-Kiez

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Innensenatorin Iris Spranger will aus dem Görli einen „Musterpark“ machen. Doch die Gentrifizierung des Parkes geht auf Kosten der Nachbarschaft.

Im Görli soll aufgeräumt werden Foto: dpa

V on der Schlesischen Straße führt die Falckensteinstraße herunter in Richtung Görlitzer Park. Auf der kleinen Freifläche gegenüber der Eisdiele Aldemir sitzen die Trinker; der Platz ist verdreckt. Die öffentliche Toilette, die Drogenabhängigen als Konsumraum galt, ist eingezäunt. An der Ecke Wrangelstraße stehen an jeder Ecke die Dealer; ihre Kunden rauchen Crack in den Hauseingängen.

Doch nur noch wenige Meter weiter, wenn die Görlitzer Straße überquert ist, naht die Rettung vor dem allgegenwärtigen Elend und der Unsicherheit. Sobald das Drehkreuz am Eingang zum Görlitzer Park mit einem Lächeln in Richtung Kameras und einer Begrüßung durch den Sicherheitsdienst passiert ist, weicht das Bronx-Gefühl der Vabali-Entspannung: „Musterpark!“, platzt es aus den erleichterten Be­su­che­r:in­nen heraus.

Über dem perfekt gemähten englischen Rasen fahren gut gelaunte Po­li­zis­t:in­nen mit ihren Golfwägelchen. Mit Gießkannen im Gepäck eilen sie den durstigen Bonsai-Bäumchen zur Hilfe. Hellhäutige Kinder spielen Fangen, aber nicht zu wild. Im Amphitheater läuft Shakespeare für die Eltern. Und auf dem ehemaligen Fußballplatz Wiener Straße spielen Jugendliche im Polohemd Hockey.

Mit Einbruch der Dämmerung werfen die Flutlichter Schattenmuster der kunstvoll beschnittenen Hecken. Eine sanfte Stimme fordert die Be­su­che­r:in­nen auf, den Park für den heutigen Tag zu verlassen, dem ohne Murren nachgekommen wird.

Mit Zaun und Kameras

Das Ziel, den Görlitzer Park durch eine „grundlegende Überarbeitung“ zu einem „Musterpark“ zu machen, hat Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Dienstag formuliert. Genannt hat sie dafür Maßnahmen wie eine Umzäunung, beschränkten Zugang, Videoüberwachung, mehr Licht und bessere Pflege der Büsche.

Umgehend erhielt sie dafür Applaus von der Gewerkschaft der Polizei. Die hat seit 2022 fast 4.500 Identitätskontrolllen im kriminalitätsbelasteten Ort Görlitzer Park/Wrangelkiez durchgeführt und mehr als 3.700 Menschen durchsucht – und den Park damit längst zum Musterpark gemacht – einen der polizeilichen Bearbeitung.

Dazu, was eine sicherheitspolitisch durchgesetzte Gentrifizierung des Parks für die Nachbarschaftskieze bedeutet, haben sich weder Spranger noch die Polizei geäußert. Dass das eingangs beschriebene Bild im Wrangelkiez schon jetzt Realität ist und sich durch die Verdrängung von unerwünschter Klientel aus dem Park noch weiter zuspitzen wird, ebenso wenig.

Während Spranger und mit ihr die schwarz-rote Koalition also von einem Schlosspark träumen, bleiben die sozialen Probleme, die hinter dem Konsum und Dealen von Drogen und sonstigen Straftaten stecken, unbearbeitet. Doch ohne eine massive Steigerung der Sozial- und Drogenhilfe und Schaffung von Perspektiven etwa für Menschen ohne Arbeitserlaubnis ist jede Maßnahme Schaufensterpolitik und Flickschusterei. Die Probleme bleiben – konzentriert vor den Toren zu Sprangers Musterpark.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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5 Kommentare

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  • Die Broken-Window-Theorie stimmt aber nun mal auch.

    Es wird sich in den umliegenden vierteln nichts verbessern, wenn mitten drin ein vermüllter, kriminalitätsbelasteter Gefahrenort befindet.

  • Wir kennen geordnete und mit durchgesetzten Regeln versehene Parkanlagen aus Los Angeles , die uns als Familie mit kleinen Kindern sehr viel Freifläche und gleichzeitig ein hochwertiger Gartenersatz waren. Daher ist diese Initiative sehr zu begrüßen.



    Das angesprochene soziale Drama gibt es mit und ohne Park, soll und muss natürlich bearbeitet werdenz Auf gar keinen Fall sollte es jedoch als Grund dafür dienen mögliche Verbesserungen, wie von Springer geplant, umzusetzen.

  • "bessere Pflege der Büsche"

    Damit ist gemeint: auf Stock setzen (auch wenn es die Pflanzen nicht vertragen) und ggfs roden und durch Dornengestrüpp ersetzen. Damit niemand mehr ein Crack-Päckchen in der Laubstreu verstecken kann.

    • @Ajuga:

      Tja. Dann tragen letztlich die Crack-Dealer die Schuld. Man kann ja vom Bezirk Sozialarbeiter einstellen, die dann im Rahmen einer Sensibilisierungskampagne die Dealer mittels behutsamer Ansprache auf die Problematik aufmerksam machen.

  • Die dargestellten Planungen hören sich doch erst mal soweit ganz gut an. Die damit einhergehende befürchtete Verlagerung sozialer Probleme in angrenzende Reviere sehe ich nicht. Der Park ist doch als erste Massnahme zu sehen. Nach und nach wird damit die Gegend insgesamt ausgewertet.