Auftakt der Frauen-Bundesliga: Kein Ruck, aber ein Ruckeln
Auftakt der Fußball-Bundesliga der Frauen: An der Spitze wird es enger und das Drumherum bunter. Bloß die Fankultur bleibt muffig.
Es ist alles anders zum Auftakt der Bundesliga der Frauen, oder zumindest: Es geht mehr ran. Der pinke Pay-TV-Sender der Telekom überträgt jetzt alles live, wodurch die Qualität der Spielkommentare so exponentiell gewachsen ist wie zuletzt die Ablösen. Plötzlich kommentieren also Menschen, die die Namen kennen, und fußballerisch zumindest erkennen können, wenn ein Spiel in die Breite gezogen wird; ein professioneller Schock in der Welt der hausgemachten Streams mit Standkamera.
Ansonsten ist der Sender bemüht, „die Mädels“ really bodenständig zu präsentieren. Im Einspieler vergisst Mandy Islacker, wann nochmal der Champions-League-Sieg war, Janina Minge singt gern, aber nicht so gern vor der Kamera („Ey nein, auf keinen Fall! Auf keinen Fall!“), keine Scheu aber kennt Sarah Zadrazil mit einem beherzten „I Will Follow Him“ aus „Sister Act“. Ein Hauch von Bravo Sport.
Dass die Unverbrauchtheit nicht nur gestellt ist, zeigen ungeschulte Field-Interviews wie das mit der Freiburger Kapitänin Hasret Kayıkçı, die nach der Auftaktniederlage gegen Hoffenheim freimütig erklärt, man sei „mega verunsichert“ gewesen. In ihrer Analyse lässt sie sich auch nicht vom paternalistischen Reporter stören, der jeder Spielerin nach einer Niederlage unangenehm versichert, wie toll sie gespielt habe, als handele es sich um D-Jugendliche.
Die Authentizität wird sich freilich mit dem zehnten Interview schnell geben. Vieles wächst, und die neoliberale Doktrin ist klar: Alles soll wachsen. Tatsächlich bewegt sich da ein Gefüge, auch sportlich. Die Wolfsburgerinnen, die – vom personellen Umbruch ungestört – gleich Turbine Potsdam mit 3:0 wegbügelten, und die erneut aufgerüsteten Münchnerinnen mit Spitzenverpflichtung Saki Kumagai stellen zwar weiter die Ligaspitze, aber womöglich dürfte es um sie herum weniger einsam werden.
Erstaunliche Entwicklung in Leverkusen
Die TSG Hoffenheim drängt nach oben, die sich in den letzten Jahren kontinuierlich die Position der dritten Geige erarbeitet hat und zur Entwicklungsstation für Talente wurde. Und nun verständlich nicht stehen bleiben will. Die erstaunlichste Entwicklung aber hat Bayer Leverkusen durchlaufen: Von der verlässlichen Abstiegskandidatin mauserte sich das Team mit sehr ansehnlichem Fußball auf Platz 5 in der vergangenen Spielzeit. Auch in Leverkusen ist die Marschrichtung klar – ein Team zu formen, „das oben mitspielen kann“.
Mit Wolfsburg, Hoffenheim und Leverkusen stehen jetzt drei Investorenklubs unter den möglichen ersten fünf, kein Zufall. Sie sind gut darin, Wachstumsbranchen zu erkennen. Sie müssen an ihrem Image strampeln (nicht umsonst investieren sie auch gern in einen grünen Anstrich), und die zusätzlichen Ausgaben im Zuschussgeschäft, um nicht zu sagen: Verlustgeschäft Bundesliga lassen sich dort leichter verschmerzen als anderswo. Es ist aber auch ein Armutszeugnis für die vermeintlich demokratischen Klubs wie Dortmund und Schalke, die sich einer Frauenabteilung lange verweigerten.
Es ist, wenn kein Ruck, so doch ein Ruckeln entstanden. Der Effzeh, der seine Spielerinnen in den Vorjahren immer aufreizend achselzuckend absteigen ließ, hat nun ausgerufen, sich langfristig in der Liga zu etablieren; und Eintracht Frankfurt könnte die große Wundertüte im oberen Drittel werden. Die Liga dieses Jahr wird also tatsächlich, was deutsche Ligen gemeinhin nicht so häufig sind: spannend. Ihr Mangel bleibt, dass die Presse bloß ihr Wachstum kommentiert, nicht den Sport.
Die Ränge bleiben sehr überschaubar mit älteren Herren und Familien gefüllt. Demokratische Fankultur kann man nicht kaufen. Sie muss tatsächlich: wachsen. Aktive Fans könnten hier etwas bewegen, könnten ernsthaft Einfluss ausüben, könnten den Muff des DFB aufrütteln, deutlich leichter als in einer Männer-Bundesliga, die auf ihr Geld nicht angewiesen ist. Bloß, sie tun es nicht. Denn auch Fankultur ist halt muffig.
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