Aufruf zu Kundgebung vor Synagoge: Antisemitische Hetze wird teuer
Wegen Beleidigung wurde ein Rechtsextremer in Braunschweig verurteilt. Er hatte 2020 eine antisemitische Mahnwache vor der Synagoge angemeldet.
Bernadette Gottschalk zeigte sich nach dem Urteil erleichtert. Das Verfahren hatte sie mit ihrer Anzeige ausgelöst. Jedoch war es für sie bis zur gestrigen Verurteilung ein langer Kampf: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig sah anfänglich keinen Straftatbestand – es folgte eine lange Auseinandersetzung zwischen Gottschalk und der Staatsanwaltschaft.
Für Gottschalk ist offensichtlich, dass in der Ankündigung mit dieser Zeitangabe ein deutlicher Bezug zur Verfolgung jüdischer Menschen und zum Holocaust erkennbar ist. „Durch die damalige Judenverfolgung sollte der Zionismus gestoppt werden und zwar durch einen umfassenden Völkermord“, schrieb sie der Braunschweiger Staatsanwaltschaft.
Sie betonte, dass sie Jüdin sei und sie die Anmeldung als „einen Angriff auf mein Judentum“ einordne. Ein Großteil der Familie der pensionierten Pädagogin aus Laatzen war in Auschwitz ermordet worden, auch ihre Großeltern. Vor Gericht schilderte sie am Dienstag, wie betroffen sie das Motto der Mahnwache gemacht hatte.
Doch das beeindruckte die Staatsanwaltschaft anfänglich nicht. Schon zwei Wochen nach der Anzeige teilte sie Gottschalk mit, dass keine ausreichenden Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten festzustellen seien – „insbesondere nicht der Anfangsverdacht einer Volksverhetzung“. Deshalb stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein.
Unterstützt von ihrem Mann, dem Juristen Joachim Gottschalk, legte sie Beschwerde ein. Sie wandten sich auch an die damalige niedersächsische Justizministerin Barbara Havliza (CDU). Aufgrund der Beschwerde der Gottschalks hob die Generalstaatsanwaltschaft die Einstellung auf.
Selbes tat sie mit einem zweiten von der Braunschweiger Staatsanwaltschaft eingestellten Verfahren, in dem die Gottschalks Beschwerde eingelegt hatten: Die Staatsanwaltschaft sah auch in den Äußerungen von Martin Kiese kein Problem und stellte zwei Mal die Ermittlungen ein. Der ehemalige Co-Vorsitzende von „Die Rechte“ soll bei einer Demonstration zum Volkstrauertag 2020 Medienvertretern „Judenpresse“ und „Judenpack“ entgegengerufen und ihnen mit „Feuer und Benzin“ gedroht haben.
In der Beschwerde an die Justizministerin hatten die Gottschalks bereits angeregt, ob zu überprüfen sei, bei der Braunschweiger Staatsanwaltschaft die Zuständigkeit einzelner Personen zu verändern.
Zwar hob die Generalstaatsanwaltschaft die Einstellung der Braunschweiger Kollegen wieder auf, teilte aber auch mit, dass zwar nicht wegen Volksverhetzung, aber wegen Beleidigung ermittelt werden kann.
„Zionismus“ als Codewort für „Juden“
Die angekündigte Mahnwache mit dem nun inkriminierten Motto sollte am 24. November vor eineinhalb Jahren an der Synagoge stattfinden. Die Aktion hatte „Die Rechte“ aber nicht umgesetzt. In der Urteilsbegründung hob die Richterin hervor, dass es nicht relevant sei, ob die Aktion stattgefunden hat. Relevant sei einzig, dass das Motto an die Öffentlichkeit gerichtet war. Auch sei „Zionismus“ vielmehr als Codewort für „Juden“ verwendet worden.
Dass klare Urteile im Kontext von Antisemitismus geboten sind, offenbart eine weitere Aktion in Braunschweig: Vergangene Woche fand ein Mitarbeiter der KZ-Gedenkstätte Schillstraße eine handgefertigte Gipsfigur mit der Botschaft „Tötet alle Juden“ – sowie einen Rosenstrauß mit abgetrennten Blüten.
Welge, der bereits wegen Volksverhetzung, Körperverletzung und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verurteilt ist, kann noch Berufung einlegen.
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