Aufrüstung der Berliner Polizei: 21 Millionen Euro für Schusswaffen
Die Ausgaben für die Polizei steigen immer weiter an. Linkspartei kritsiert: Aufwand und Ergebnis stehen in keinem Verhältnis.
Kocak spricht von „stigmatisierenden, razzienartigen Kontrollen in Shishabars und anderen migrantischen Gewerben“. Bei den Einsätzen werden, wie bereits aus früheren Anfragen hervorgegangen, vor allem Ordnungswidrigkeiten wie Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung, den Jugend- oder Gesundheitsschutz oder Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, unverzollter Shisha-Tabak oder manipulierte Spielautomaten festgestellt – in der Summe also eher kleinere Delikte. Es zeige sich, „wie wenig hier Aufwand und Ergebnis im Verhältnis stehen“, so Kocak.
Die aktuelle Anfrage ist eine Ergänzung zu einer Anfrage aus dem Juni, aus der hervorging, dass die Ausgaben für die Polizei in Berlin schneller ansteigen als für andere Bereiche. Fielen für die Behörde 2010 noch 1,2 Milliarden Euro an Kosten an, waren es 2021 bereits 1,8 Milliarden Euro. 21,34 Millionen Euro wurden in den vergangenen fünf Jahren für Schusswaffen inklusive Zubehör ausgegeben; angeschafft wurden sowohl Dienstpistolen als auch Mitteldistanzwaffen. Für Kocak eine „bedenkliche“ Entwicklung, der er den Anspruch einer Abrüstung, eines „Defund the police“ gegenüberhält.
„Kriminalitätsbelastete Orte“
Gegenstand der Anfrage sind zudem die zwölf von der Polizei als „kriminalitätsbelasteten Orte“ definierten Plätze und Kieze, an denen sie ihre Einsätze konzentriert und anlasslos kontrollieren kann. Aus einer Aufschlüsselung der Einsatzstunden geht hervor, dass im April 2020 fast 11.000 Einsatzstunden im Bereich des Görlitzer Parks stattfanden, ein absoluter Höchstwert. In den vergangenen Monaten waren es noch etwa 5.000 und damit immer noch doppelt so viele wie am Hermannplatz oder der Warschauer Brücke.
Mitali Nagrecha, Gründerin des Justice Collective, kritisiert die hohen Kosten für die „Überwachung“ dieser Orte. Berliner:innen „bezahlen einen hohen Preis für diesen erfolglosen Ansatz“, der mit „Racial Profiling, Kriminalisierung, Geldstrafen und Polizeigewalt an Menschen“ einhergehe. Dagegen fordert Nagrecha die Umwidmung dieser Haushaltsmittel, um sozialpolitische Maßnahmen zu finanzieren, etwa die Unterbringung von Menschen in Wohnungen oder die Unterstützung von Gemeinschaftsinitiativen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Schraubenzieher-Attacke in Regionalzug
Rassistisch, lebensbedrohlich – aber kein Mordversuch