Aufregung um Politiker in Rumänien: Heirat als nationales Event
Der Rechtsradikale George Simion inszeniert seine Hochzeit in populistischem Stil. Historisches Vorbild ist die Heirat des Faschisten Codreanu 1925.
Provozieren, pöbeln und beleidigen, nationale und sexuelle Minderheiten beschimpfen, den Holocaust verharmlosen: All dies gehört zum politischen Repertoire des rechtsradikalen rumänischen Parlamentsabgeordneten und Chefs der ultranationalistischen Partei Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR), George Simion, 35.
Um seine populistischen Botschaften nachhaltiger unter das Volk zu bringen, inszenierte er am vergangenen Wochenende seine Hochzeit als Megafest, das online live übertragen wurde und an dem etwa 10.000 Gäste aus allen Teilen des Landes teilnahmen.
Im Vorfeld der „Jahrhunderthochzeit“ hatte Simion seinen 1,2 Millionen Internetanhängern verkündet, dass er für das Fest exklusiv rumänische Landwirtschaftsprodukte besorgt habe. Und: Das Tragen rumänischer Volkstracht sei für die Gäste verpflichtend, so Simion. Gleichzeitig gab er bekannt, dass der orthodoxe Erzbischof Teodosie zusammen mit mehreren anderen Geistlichen die kirchliche Trauung vornehmen werde.
Das als Wiesenfest angelegte Großevent war eine Nachahmung der Hochzeit des rumänischen Faschisten und Antisemiten Corneliu Zelea Codreanu (1899–1938). Auch zu dessen Hochzeit 1925 waren Zehntausende eingeladen – alle in Volkstrachten. Codreanu war Gründer und Chef der rechtsextremistischen Legion des Erzengels Michael. Die auch noch unter dem Namen Eiserne Garde bekannte Gruppe war in Europa, nach der NSDAP und der italienischen Bewegung Mussolinis, die drittstärkste rechtsextreme Partei der Zwischenkriegszeit.
Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit
Die AUR streitet ideologischen Parallelen zur Eisernen Garde ab. Verbal versucht sich die 2019 gegründete Partei vom Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit der Eisengardisten zu distanzieren. Sie fällt aber immer wieder durch holocaustleugnende und minderheitenfeindliche Aussagen auf.
Einer der AUR-Abgeordneten hält regelmäßig Reden im Parlament, in denen er an Opfer des Kommunismus erinnert, die vorwiegend Mitglieder der von Codreanu geführten rechtsextremen Organisation waren. An Gedenkveranstaltungen für verstorbene Faschisten beteiligte sich übrigens in den letzten Jahren auch der klerikale AUR-Sympathisant und coronaskeptische Erzbischof Teodosie.
Wie andere rechtsnationalistische Gruppen und Parteien schwadroniert die AUR von der „Notwendigkeit einer konservativen Revolution“. Mit „Nation, Familie und Glaube“ wirbt Simion für ein Europa der Vaterländer. Trotz offenkundiger euroskeptischer Tendenzen plädiert er für einen Verbleib Rumäniens in der EU. Einen förderalen europäischen Superstaat lehnt er aber ab. In der EU fordert er einen Platz für ein mit der Republik Moldau und der heute ukrainischen Region Nordbukowina wiedervereinigtes Groß-Rumänien.
Eigenwilliger Souveränitätsgedanke
Der eigenwillige Souveränitätsgedanke entspricht den Vorstellungen nationalistischer Politiker aus der sogenannten Visegrád-Gruppe: Ungarn, Polen, Slowakei und Tschechien. „Wir haben die gleiche Geschichte, die gleichen Interessen und werden die gleiche Zukunft haben“, so Simion in einem Interview für die rechtskonservative Gazette Visegrád Post.
Nicht zufällig ist er ein erklärter Bewunderer des illiberalen ungarischen Premiers Viktor Orbán und der nationalkonservativen polnischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS).
Simions Hochzeit war ein politisches Statement. Sie sollte nationalistische Kräfte zusammenschweißen, den Parteichef populärer machen und ihm letztlich die Stimmen sichern, die er als zukünftiger Präsidentschaftskandidat in zwei Jahren brauchen wird.
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