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Aufnahmen von Einsatz in MünchenPolizist kniet Mann auf dem Hals

Ein neu aufgetauchtes Video zeigt brutale Szenen während eines Polizeieinsatzes in München Anfang 2020. Die Staatsanwaltschaft ermittelte bisher nur gegen das Opfer.

Polizisten mit Bodycam in München Foto: ZUMA Wire/imago

München dpa | Die Staatsanwaltschaft München I überprüft einen Einsatz der Bundespolizei in einer Münchner S-Bahn-Station vom Februar 2020. Das Nachrichtenmagazin Focus hatte am Montag ein Video des Einsatzes veröffentlicht. Darin ist zu sehen, wie ein Polizist auf Kopf- und Halsregion eines um Hilfe rufenden Mannes kniet. „Das Vorgehen von der Polizei wird von uns überprüft“, sagte nun die Sprecherin der Behörde, Anne Leiding, der Deutschen Presse-Agentur. Es handle sich um Vorermittlungen, um zu klären, ob ein Verfahren eingeleitet wird.

Das Video stammt nach Angaben der Bundespolizei aus einer Polizisten-Bodycam. Wie es an die Öffentlichkeit gelangte, war zunächst unklar.

Gegen den Mann, auf dessen Hals der Polizist kniete, läuft bereits ein Ermittlungsverfahren – eben wegen jenes Einsatzes. „Die Bundespolizei hat den Vorgang bei der Staatsanwaltschaft München I angezeigt“, sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage. Die Staatsanwaltschaft nahm die Ermittlungen auf und erhob daraufhin im August 2020 Anklage wegen Körperverletzung, Beleidigung und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte.

Focus online zufolge war der Mann bei einer Fahrkartenkontrolle ins Visier der Beamten geraten, obwohl er eine gültige Fahrkarte gehabt habe. „Ich konnte mich nicht mehr bewegen und mir wurde schlecht. Ein Mann kniete auf meinem Hals. Ich hatte wirklich Todesangst“, zitiert das Portal einen 53-Jährigen, bei dem es sich um den Mann auf dem Video handeln soll.

Erinnerungen an den Fall George Floyd werden wach

Von der Bundespolizei hieß es weiter: „Festzuhalten ist lediglich an dieser Stelle, dass der Staatsanwaltschaft die ermittelten Beweismittel vorliegen – so auch die Aufzeichnungen durch die im Einsatz aktivierte Bodycam.“

Das Video erinnert auf den ersten Blick – auch wenn die Folgen nicht zu vergleichen sind – an den tödlichen Polizeieinsatz gegen George Floyd in den USA, der eine Welle des Entsetzens und große Proteste ausgelöst hatte.

Floyd war am 25. Mai vergangenen Jahres in Minneapolis bei einem brutalen Polizeieinsatz getötet worden. Beamte nahmen den 46-Jährigen fest, weil er eine Schachtel Zigaretten mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt haben soll. Videos von Passanten dokumentierten, wie Polizisten den unbewaffneten Mann zu Boden drückten. Ein Polizist presste dabei sein Knie gut neun Minuten lang auf Floyds Hals, während dieser immer wieder flehte, ihn atmen zu lassen. Floyd verlor das Bewusstsein und starb wenig später. Der Polizist wurde zu 22 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.

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8 Kommentare

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  • Egal wie man diese Aktion in München jetzt werten mag. Sie zeigt auf alle Fälle, dass Video- und Tonaufnahmen von solchen Vorfällen wichtig und richtig sind. Egal wer sie gemacht hat. Ich denke sogar es ist wichtig, dass es Aufnahmen gibt, die nicht von der Polizei gemacht wurden - wg. versehentlicher Löschung und so...

  • taz-Zitat: "(...) Das Video stammt nach Angaben der Bundespolizei aus einer Polizisten-Bodycam. Wie es an die Öffentlichkeit gelangte, war zunächst unklar. (...)"



    Da ist wohl jemand sauer auf seinen Dienstherrn. Die Polizei muss immer häufiger erkennen, dass das filmen von Polizeieinsätzen kein Monopol darstellt und (Polizei)belastende Filmsequenzen schnell im Internet landen.

  • Hier sind ein paar genauere Infos dazu:



    de.nachrichten.yah...oyd-085030944.html

    Naja, aber bei uns ist die Polizei ja dein Freund und Helfer.....

  • Gültige Fahrkarte bei einer Fahrkartenkontrolle - und dann das?

    In der Geschichte fehlen ganz wesentliche Informationen darüber, wie die Polizei dazu kam, ihn als so gefährlich anzusehen, dass er derart fixiert werden musste. Dass die Polizei dabei zu weit ging, scheint aber auch klar.

    Seit wann führt die Polizei einfache Fahrkartenkontrollen durch? Schon das ist nicht plausibel. Oder hat erst ein Fahrkartenkontrolleur die Polizei zu Hilfe gerufen? Wie gefährlich war der Mann? Bewaffnet? Aggressiv? Nachdem Anklage wegen Körperverletzung erhoben wurde, war sein Verhalten wohl nicht ganz neutral und mindestens ein Polizist wurde verletzt.

    • @Winnetaz:

      Hier Mal ein paar Details zu dem Fall:

      Der 53-jährige Franzose hatte auf seinem Ticket das Datum markiert, an dem er die Jahreskarte erneuern muss. Das sah der Kontrolleur als Manipulation an und rief schließlich die Polizei zur Hilfe, als der Fahrgast sich weigerte, eine Strafe zu zahlen. Zurecht, denn wie sich herausstellte, war sein Ticket gültig.

    • @Winnetaz:

      “… Nachdem Anklage wegen Körperverletzung erhoben wurde, war sein Verhalten wohl nicht ganz neutral und mindestens ein Polizist wurde verletzt.“

      Nach Auftauchen eines derartigen Videos staune ich doch a weng über so einen staatstragenden Satz.

  • wie lange kniete der polizist auf dem hals des mannes? war es nur kurz um zu fixieren und zu fesseln oder war das minuten lang?