Aufnahme von Menschen aus Afghanistan: Rettung nur für 5.000 im Jahr

Im Koalitionsvertrag hat die Ampel-Koalition Hilfe für gefährdete Menschen in Afghanistan versprochen. Diese soll mit einer Obergrenze kommen.

Demonstranten mit Schildern, auf denen steht: "Luftbücke jetzt" und "Evacuate now"

Im August 2021 forderten viele eine sofortige Aufnahme gefährdeter Menschen aus Afghanistan Foto: Ben Kriemann/imago

HAMBURG/BERLIN epd/dpa/taz | Das Bundesinnenministerium hält nach Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel im Zuge eines von der Regierung geplanten Rettungsprogramms die Aufnahme von höchstens 5.000 Geflüchteten aus Afghanistan pro Jahr für „operativ realisierbar“. Das geht aus einem Ministeriumsschreiben hervor, wie das Magazin am Freitag berichtet.

Im August vergangenen Jahres hatten die radikal-islamischen Taliban die Macht in Afghanistan übernommen, nachdem internationale Streitkräfte aus dem Land abgezogen waren. Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten sowie Ortskräfte, die für internationale Organisationen gearbeitet haben, sind seitdem in Gefahr. Aus dem Grund hatten SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag Ende 2021 ein Rettungsprogramm vereinbart und dabei betont: „Wir werden unsere Verbündeten nicht zurücklassen.“

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl reagierte auf die Meldung mit Empörung. Ein Bundesaufnahmeprogramm werde so zur „Alibiveranstaltung“, kritisierte Günter Burkhardt, Geschäftsführer der Organisation. Zusammen mit Familienangehörigen seien das „gerade einmal rund 1.000 Fälle“. Sowohl Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) als auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hätten wiederholt betont, die Aufnahme aus Afghanistan habe für sie eine hohe politische Priorität. Doch die politischen Willensbekundungen würden nun „nicht eingelöst“.

Die Initiativen Seebrücke und Kabul Luftbrücke kritisierten das Bundesinnenministerium scharf. „Deutschland trägt nach knapp 20 Jahren Militäreinsatz in Afghanistan eine Verantwortung für die zurückgebliebenen Menschen“, sagte Seebrücke-Aktivist Jan Behrends. „Wir fordern Nancy Faeser auf, umgehend personell zu reagieren und Aufnahmemöglichkeiten zu schaffen, die der deutschen Verantwortung gerecht werden!“

Auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Julian Pahlke kritisierte die von dem Ministerium genannte Obergrenze. „Zivilgesellschaftliche Organisationen wie die ‚Kabul Luftbrücke‘ haben allein 3.000 Menschen unterstützt und berichten von mehreren Zehntausend gefährdeten Menschen“, wird er in dem Spiegel-Bericht zitiert. Auch die Familien der Gefährdeten müssten aufgenommen werden. Mit dem Ministerium sei man daher noch über die Größenordnung des Aufnahmeprogramms im Gespräch. Das Bundesinnenministerium gab demnach an, die Kernelemente des Programms würden derzeit abgestimmt.

Afghanistan wird aktuell von einer schweren Welle islamistischer Anschläge erschüttert. In den vergangenen Wochen wurden Dutzende Menschen bei Attentaten auf Moscheen, religiöse Minderheiten und Schulen getötet. Am Freitag starben etwa zehn Menschen bei einem Anschlag auf eine Moschee in Kabul, kurze Zeit nach dem Freitagsgebet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.