Aufmarsch fürs Impfen: Demo gegen Querdenker in Hamburg
In Hamburg protestieren tausende Menschen gegen Corona-Leugnung. Sie kritisieren wachsende Ungleichheit durch die Seuche und Impf-Kapitalismus.
Zu der Demonstration aufgerufen hatte das „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ (HBGR) unter dem Motto „Solidarität und Aufklärung statt Verschwörungsideologie“. Mehr als 5.000 Menschen liefen nach Angaben des Veranstalters mit. Auf ihren Plakaten stand „Impfen ist Liebe“, „Eure Freiheit ist Egoismus“ oder „Globuli stoppen keine Pandemie“.
„Mit so einem großen Zuspruch haben wir nicht gerechnet“, sagte die ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete der Linken, Christiane Schneider, die die Demonstration angemeldet hatte. Die Polizei will nur 3.500 Personen gezählt haben. Die Veranstalter hatten bewusst vielen Reden eingeplant, um nicht bei der Kritik an der Querdenken“- und Corona-Leugnungs-Bewegung stehen zu bleiben.
Cornelia Kerth von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes sagte, wer bei den Protesten gegen die Pandemie-Maßnahmen mit Rechtsextreme marschiere habe nichts kapiert. Sie sprach auch von einen „Dammbruch in der Mitte der Gesellschaft“, für den Verharmlosungen aus der Politik mit verantwortlich seien.
Warnung vor Antisemitismus
Eike Steinig von der Liberalen Jüdischen Gemeinde wies auf den Antisemitismus des Querdenkens hin und Elise Bas warnte für Fridays für Future vor der Wissenschaftsfeindlichkeit dieser Bewegung.
Die extremen Belastung der Beschäftigten in Krankenhäusern und Lebensmittelläden durch die Pandemie und dass die Pandemie nicht alle gleichermaßen belaste, betonte die DGB-Rednerin Tanja Chawla. Eine Mitarbeiterin der Poliklinik Veddel führte aus, dass die Corona-Politik die Ungleichheit zwischen Arm und Reich verstärke.
Till Koch, Arzt am Universitätsklinikum Eppendorf, schilderte die dramatische Situation auf den Intensivstationen und kritisierte, dass der globale Norden „aus Profitinteresse“ verhindere, dass der globale Süden größere Mengen Impfstoffe bekomme, so dass immer wieder „neue unkontrollierte Virus-Replikation“ entstünden. Gerade deutsche Politiker:innen blockierten den nötigen Wissenstransfer. Koch forderte: „Gebt die Patente frei!“
Zur gleichen Zeit sammelten sich vor der Kunsthalle „Querdenkende“ und Corona-Leugnende. Ihre Demonstration war aus Infektionsschutzgründen verboten worden. An die 3.000 Protestierende versuchten, sich dennoch zu formieren. Einer von Ihnen: der AfD-Bürgerschaftsfraktionsvorsitzende Dirk Nockemann. Die Polizei unterband den Aufzug, sprach einzelne Personen an und drückte Gruppen vom Platz. „Friede, Freiheit, Selbstbestimmung“ schallte ihnen entgegen.
In Altona demonstrierten rund 200 Maßnahmen-Gegner, in Barmbek circa 1.500. Eine weitere Demonstration von „Querdenkern“ lief mit über 1.500 Menschen durch St. Georg. Vor dem Ernst Deutsch Theater kritisierte ein Redner ein angebliches „Ermächtigungsgesetz“ in Deutschland. Er erklärte, man wolle friedliche bleiben und drohte gleichzeitig, dass man wisse, „was Notwehr bedeutet“.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alleingang des Finanzministers
Lindner will Bürgergeld kürzen
Putins Brics-Gipfel in Kasan
Club der falschen Freunde
Deutsche Asylpolitik
Die Hölle der anderen
Kritik an Initiative Finanzielle Bildung
Ministeriumsattacke auf Attac
Linke in Berlin
Parteiaustritte nach Antisemitismus-Streit
Investitionsbonus für Unternehmen
Das habecksche Gießkannenprinzip