Auflösung von Netanjahus Kriegskabinett: Nicht kriegsentscheidend
Israels Premier Netanjahu lässt nach dem Rückzug von Benny Gantz immerhin auch die beiden rechtsextremen Minister außen vor.
A uf den ersten Blick mögen sie wie größere Nachrichten wirken. Tatsächlich aber werden weder die tägliche Feuerpause entlang der Route für die Hilfslieferungen noch die Auflösung des Kriegskabinetts auf den weiteren Verlauf des Krieges Auswirkungen haben. Mit der Auflösung des Kriegskabinetts hat Israels Premierminister Benjamin Netanjahu kurz gesagt wohl einfach wieder alle Macht auf sich konzentriert. Denn nachdem sich Oppositionsführer Benny Gantz zusammen mit dem Ex-General Gadi Eisenkot aus der Notstandsregierung zurückgezogen hatte – weil Netanjahu Israel von einem „wahren Sieg“ abhalte –, war das Gebilde ohnehin recht hinfällig.
Netanjahu mag sich mit dem Schritt ein bisschen Luft verschafft haben. Denn von rechts drängten nach Gantz’ und Eisenkots Rückzug die beiden extremen Minister Ben Gvir und Bezalel Smotrich darauf, in das Gremium einzuziehen. Das hat Netanjahu nun verhindert – und befindet sich jetzt in der komfortablen Position, weniger innere Spannungen ausbalancieren zu müssen. Nach der Auflösung des Kriegskabinetts soll nun das Sicherheitskabinett öfter tagen, das auch schon vor dessen Auflösung alle Entscheidungen des Kriegskabinetts hatte bestätigen müssen.
Von außen wird der Druck bleiben: Die Amerikaner setzen alles daran, einen Deal zwischen der islamofaschistischen Hamas und Israel hinzubekommen. Und nach der komplexen Befreiung von vier der insgesamt noch etwa 130 israelischen Geiseln aus den Händen der Hamas ist vielen Israelis klar, dass weitere solcher Operationen eher unwahrscheinlich sind.
Kommen die verbliebenen Geiseln aber nicht bald nach Hause, wird der Ruf nach Neuwahlen wohl zunehmen. Insofern ist es gut, dass sich Netanjahu mit der Auflösung des Kriegskabinetts dem Einfluss seiner extremistischen Koalitionspartner entzogen hat. Für sie haben die Geiseln keinerlei Priorität. Solange die Hamas aber jeden Deal ablehnt, bleibt das Kriegsziel wohl ohnehin unverändert: die Zerschlagung der militärischen Struktur der Hamas.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?