Aufkleber gegen Fotos im Freibad: Handykamera vs. Privatsphäre
Eine schwäbische Firma verkauft „Privacy Seals“ an Schwimmbäder. Sie sollen Badegäste am Fotografieren hindern. Der Hersteller erklärt, wie das geht.
taz: Herr Ditzel, Ihre Firma hat eine neue Branche als Kundschaft dazugewonnen: städtische Freibäder. Was kaufen die bei Ihnen ein und warum?
Holger Ditzel: Die ersten Anfragen bekamen wir im April 2016. Da sind die ersten Bäder auf uns zugekommen. Sie hätten Probleme mit Gästen, die im Bad wild umherfotografierten. Im Nacktbereich von Thermen, in Freibädern, in Kinderbereichen – also dort, wo man das nicht haben möchte. Ein Smartphoneverbot ist aber nicht durchsetzbar. Dann würden die Jugendlichen nicht mehr kommen und den Bädern würde eine wichtige Klientel fehlen. Also kamen die Bäder zu uns.
Was verkaufen Sie denen?
Das sind sogenannte Privacy Seals, also Siegel, die man auf die Kamera von Smartphones kleben kann. Diese Siegel bestehen aus Sicherheitsmaterial. Das lässt sich zwar rückstandsfrei entfernen, aber es geht beim Ablösen kaputt. Das ist wichtig, sonst könnte man das Siegel abziehen und wieder aufkleben, wie man möchte. So aber können die Bäder kontrollieren, ob der Aufkleber auch wirklich auf dem Smartphone bleibt. Die Siegel sind mit dem Piktogramm „Fotoverbot“ bedruckt. Sie haben also auch eine Signalwirkung.
Eigentlich ist das doch längst gesetzlich geregelt. Warum haben die Bäder jetzt plötzlich Bedarf?
Stimmt, Sie haben das Recht am eigenen Bild. Ohne Erlaubnis darf man Dritte nicht fotografieren. In den meisten Bäderordnungen steht ja auch, dass man nicht fotografieren darf. Aber erstens wissen das die meisten Menschen nicht oder setzen sich einfach drüber hinweg. Und zweitens gibt es heute einfach sehr viel mehr von den modernen Geräten. Aber man muss ganz klar sagen: Angefangen hat das alles mit der Flüchtlingsthematik im letzten Jahr.
ist Inhaber der Firma Lens Seal in Neuhausen bei Stuttgart
Wie bitte?
Ja, das war der Grund, warum die ersten Bäder kamen. Weil Flüchtlinge angeblich ungeniert auf alles draufhalten. Die haben gesagt: Wir wollen nicht, dass bei uns weiter fotografiert wird. Die Flüchtlinge fotografieren ja nicht mutwillig oder böswillig. Sondern die finden das natürlich toll, so ein Bad. Die kennen das nicht, die möchten das nach Hause schicken. Das ist ja verständlich. Aber die anderen Gäste stört es halt. So kam diese Welle ins Rollen.
Recht verallgemeinernd, zu sagen, „die Flüchtlinge“ fotografierten andere Gäste, deshalb brauche man jetzt diese Siegel.
Es ist natürlich nicht so, dass alle Flüchtlinge ständig filmend und fotografierend durchs Bad laufen. Das ist Quatsch. Die sind ja im Bad auch in der Minderheit. Aber auf diesem Weg haben die Bäder gemerkt, dass sie Probleme mit den Handykameras haben. Zum Beispiel den Schutz von Kindern oder ganz allgemein der Privatsphäre. Und die können sie jetzt alle lösen.
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