Aufklärung des Abgasskandals: Der schweigsame Herr Winterkorn
Der Ex-VW-Chef trägt vor dem Untersuchungssausschuss wenig zur Aufklärung des Abgasskandals bei. Damit könnte er dem Konzern viel Geld ersparen.
Zunächst entschuldigt sich Winterkorn dafür, dass Volkswagen Millionen Kunden getäuscht habe. „Das kostet Unmengen von Geld und Vertrauen.“ Im Konzern habe es aber kein „Schreckensregime“ gegeben, jeder habe bei Problemen zu ihm kommen können. Dies sei aber im Fall der Abgasreinigung nicht geschehen. Winterkorn bestritt, schon länger Bescheid gewusst zu haben. „Das ist nicht der Fall.“
VW hatte im September 2015 zugegeben, in den USA rund 500.000 Diesel-Autos verkauft zu haben, in denen eine illegale Motorsteuerungssoftware die Abgasreinigung manipuliert. Bei offiziellen Tests funktioniert die Abgasreinigung; im Alltag wird sie heruntergefahren, um den Kunden das häufige Nachtanken des Reinigungszusatzes Adblue zu ersparen. Weltweit sind etwa 11 Millionen Fahrzeuge des Wolfsburger Konzerns betroffen. Wenige Tage nach Bekanntwerden des Skandals trat Winterkorn zurück.
Jetzt also sein erster großer Auftritt seitdem. Aber er nutzt die Chance nicht, reinen Tisch zu machen. Stattdessen erweckt er den Eindruck, von Mitarbeitern getäuscht worden zu sein. Und er verweigert Aussagen zur Frage, ob er vor September 2015 etwas über die Manipulationen wusste – mit Verweis auf strafrechtliche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen ihn. Niemand muss sich selbst belasten.
Bei seinen Aussagen geht Winterkorn offensichtlich an den Rand der Selbstverleugnung. So räumt er ein, mit VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch lange vor Bekanntwerden des Skandals über Rückrufaktionen in den USA gesprochen zu haben, bei denen es um Verbesserungen der Abgaswerte gegangen sei. Für den genauen Hintergrund dieser gravierenden Maßnahme will sich Winterkorn aber nicht weiter interessiert haben – recht unglaubwürdig für einen Chef, der seine Produkte bis ins kleinste Detail kennt.
Warum redet Winterkorn so? Vermutlich will er nicht nur sich selbst, sondern auch Volkswagen schützen. Denn eines wäre wirtschaftlich der Worst Case für VW: Wenn gerichtsfest bewiesen würde, dass der Vorstand jahrelang Betrug förderte. Dann würden Strafen und Schadenersatzzahlungen ins Unermessliche steigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen