Auf dem Weg zur grünen Null: Einmal Crashkurs, einmal Kuscheln
Thinktanks fordern von der nächsten Regierung rasche und harte Schnitte fürs Klimaziel. Die CDU will dafür einen „Turbo“, aber niemandem wehtun.
Das schlagen die Thinktanks Agora Energie- und Verkehrswende und die Stiftung Klimaneutraltität vor – aber irgendwie auch die CDU. Beide legten am Montag Konzepte vor, wie es nach der Wahl mit der Klimapolitik weitergehen soll.
Klimaschutz verdreifachen – „egal, wer regiert“
Die Thinktanks fordern sehr konkret und kurzfristig mit einem 100-Tage-Crashkurs, das „größte Klimaschutzprogramm in der Geschichte Deutschlands, egal wer regiert“, wie es der Chef der Agora Energiewende Patrick Graichen formuliert. An 22 Punkten haben die Stiftungen detailliert zusammengetragen, an welchen Rädchen eine neue Regierung sofort nach dem Amtseid drehen sollte, damit Deutschland wenigstens in zwei oder drei Jahren die CO2-Reduktionen aus dem Klimaschutzgesetz einhalten kann.
Das bedeutet: Dreimal soviel Kapazitäten wie bisher für Öko-Strom sollen ausgeschrieben und gebaut werden, Planungsverfahren für Anlagen und Leitungen reduziert werden. Die Kohleverstromung soll 2030 enden, der CO2-Preis im europäischen Emissionshandel einen Mindestpreis bekommen und der nationale CO2-Preis für Wärme und Sprit schneller steigen als bisher geplant, nämlich auf 60 Euro schon 2023.
Dafür soll die EEG-Umlage gesenkt und später abgeschafft werden, die Regierung müsse unter anderem jährlich 30 Milliarden Euro für Klima-Investitionen in den Haushalt einstellen, eine große Offensive für Gebäudesanierung und neue Heizungen starten und dabei neue Öl- und Gasheizungen ab 2024 verbieten. Außerdem den Bundesverkehrswegeplan einem „Klimastresstest“ unterziehen und umweltfeindliche Subventionen streichen.
Die 22 Punkte beziehen sich auf ein ähnliches Papier mit „50 Empfehlungen für die 20 Legislaturperiode“, das die Thinktanks bereits im Juni vorgestellt hatten – und es ähnelt in weiten Teilen auch dem „Klimaschutz-Sofortprogramm“, mit dem die Grünen in den Wahlkampf ziehen.
Nötig sind nach dem Papier von Agora/Stiftung Klimaneutralität auch staatliche Hilfen und Gesetze für den doppelt so großen Aufbau der Wasserstofftechnik und für Hilfen auf dem Weg zu Klimaneutralität, „weil der Industriestandort Deutschland wettbewerbsfähig bleiben soll“, so Rainer Baake, Chef der „Stiftung Klimaneutralität“.
Die Vorschläge benennen konkret, welche Gesetze und Verordnungen wie angepasst werden müssten, um schnell Maßnahmen Richtung Klimaneutralität auf den Weg zu bringen. Sein Kollege Graichen betonte, dass diese Planungen nur konkretisieren würden, was das Klimaschutzgesetz der jetzigen Regierung vorschreibe: „Das sind hier keine NGO-Forderungen. Das ist die große Koalition ernstgenommen.“
Den CDU-Ideen fehlen konkrete Daten
Deren wichtigster Vertreter hatte am Montag ebenfalls Klima-Tag. Nach viel Kritik an seiner Klima- und Umweltpolitik stellte CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet mit einem dreiköpfigen Team 15 Vorschläge vor, um einen „Turbo für die Erneuerbaren“ zu zünden. Die Ideen decken sich teilweise mit den Forderungen der drei Thinktanks, sind aber grundsätzlich vorsichtiger und weniger detailliert.
Immerhin fordert auch die Union einen Zubau von 10 Gigawatt jährlich an Stromerzeugung aus der Sonne, sie will auf alle Dächern Solaranlagen ermöglichen und mit zinslosen Krediten fördern – wo die Thinktanks eine Solarpflicht für Neubauen und Gewerbe fordern. Auch wollen jeweils Union und Thinktanks mindestens zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft reservieren und beide die EEG-Umlage abschaffen und den Strompreis senken. Viele Vorschläge und Vorstöße in diese Richtung waren in der Vergangenheit allerdings an der CDU im Bundestag gescheitert.
Mit seinem Papier präsentierte Laschet gleich noch die Bundestagsabgeordneten Andreas Jung und Thomas Heilmann sowie Wiebke Winter von der „Klimaunion“ als sein Expert*innenteam. Deren Ideen fehlen ansonsten aber konkrete Daten und Ausbaupfade. Die konservativen Klimaschützer betonen lieber mehr Geld für Forschung, und sehen den Bund als Klima-Vorreiter bei seinen Immobilien.
Sie wollen mehr Handwerker als „Klimawerker“, um überhaupt Solaranlagen und E-Ladesäulen zu bauen, und mehr Akzeptanz für Windanlagen erreichen durch verdichtete Windparks und „Repowering“, also den Ersatz alter Windräder durch neue.
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