Attraktive Berliner Verwaltung: Mehr Yogamatten UND mehr Geld
Die Grünen wollen mehr Anreize, im öffentlichen Dienst zu arbeiten. Das ist nötig, denn in den nächsten Jahren müssen 35.000 Stellen neu besetzt werden.
Wie macht man Berlin und seine Verwaltung wieder flott? Indem man die Arbeit in den Ämtern bequemer macht. Meint Silke Gebel. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende hat der Nachrichtenagentur dpa ein Interview gegeben und dabei verraten, was man in den Amtsstuben der Stadt verbessern könnte. Gebel denkt dabei zum Beispiel an „kostenloses Essen“ oder „Massagen am Arbeitsplatz“.
Typisch Berlin, erst nichts auf die Reihe kriegen und dann auch noch die Hängematte ins Büro mitnehmen. Solche Reaktionen werden nicht ausbleiben. Berlin-Bashing ist in Mode, auch wenn die U-Bahn in der Hauptstadt zuverlässiger läuft als in New York. Viel schwieriger als rumnölen ist aber besser machen, und da hat Gebel sicher einen Nerv getroffen.
Wer als Berufseinsteiger ein Rathaus oder eine Bezirksverwaltung betritt, muss nicht nur durch düstere Flure irren, um sein Büro zu finden. Wahrscheinlich findet der neue Mitarbeiter auch noch das Betriebssystem vor, das er zu Beginn seines Studiums auf dem Rechner hatte. Kein Wunder, dass der öffentliche Dienst in Berlin unattraktiv ist. Dabei geht in den nächsten Jahren ein Drittel der Beschäftigten in den Ruhestand. Etwa 35.000 Stellen müssen dann neu besetzt werden. In manchen Bezirken werden etwa Ingenieure, Sozialarbeiter, aber auch Standesbeamte gesucht. Auch die Senatsverwaltungen stellen wieder ein.
Ob man die Stellen alle besetzen kann? Die Konkurrenz ist groß und schläft nicht. Weil die Sanierung der Verwaltungsgebäude nicht so recht vorankommt, setzt Gebel nun auf den Wohlfühlfaktor im Büro: „Ein PC, der nicht ständig abstürzt, eine moderne Büroausstattung, bei der man sagt: Hier bin ich gern.“ In manchen Bezirken wie in Friedrichshain-Kreuzberg werden auch Yogakurse für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeboten. Allerdings auf eigene Kosten. Gerade in Friedrichshain-Kreuzberg weiß man aber auch, dass die Yogamatte allein noch keinen Berufsanfänger anlockt. Die grüne Bezirkschefin Monika Herrmann fordert deshalb mehr Geld.
Tatsächlich sind viele der Stellen, die derzeit ausgeschrieben sind, alles andere als üppig dotiert, beklagen zum Beispiel die grünen Baustadträte. Wer etwa zweckentfremdete Ferienwohnungen aufspüren soll, muss sich mit einer E8-Stelle zufrieden geben, das bedeutet einen Nettoverdienst von im Schnitt 1.660 Euro. Experten für Milieuschutz und Vorkaufsrecht bekommen E11 (netto knapp 2.000 Euro). Auch deshalb meint Herrmann, dass der Gehaltsunterschied zwischen Bezirken und Landesverwaltungen oft mehrere Hundert Euro ausmachen kann. „Ich sehe uns weniger in Konkurrenz zu Start-ups als zu Behörden auf Landes- und Bundesebene.“
Die Fluktuation in Berlins Amtsstuben ist eine große Chance, die Berliner Verwaltung zu verjüngen. Dafür braucht es aber mehr als Yogamatten. Ganz nach dem Motto: Geld ist nicht alles, aber ohne Geld ist alles nichts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!