Atomgespräche USA und Nordkorea: Ein klares Jein
Unterschiedlicher könnte die Bilanz der Atomverhandlungen kaum sein. Washington spricht von einem guten Ergebnis, Pjöngjang von einem Scheitern.
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Die USA und Nordkorea könnten nicht an einem Tag „70 Jahre Krieg und Feindseligkeit auf der koreanischen Halbinsel“ beseitigen, erklärte das US-Außenministerium am Samstag (Ortszeit). Um eine Lösung für die „gewichtigen Themen“ zu finden, bräuchten beide Seiten Entschlossenheit und Ausdauer. Die USA nähmen die schwedische Einladung an, in zwei Wochen erneut zu verhandeln.
Der nordkoreanische Unterhändler Kim Myong Gil hingegen ließ vor Journalisten in Stockholm kein gutes Haar an der Gesprächsrunde. „Wir sind enttäuscht von den USA“, erklärte er nach Angaben der schwedischen Zeitung Dagens Nyheter. „Die Verhandlungen haben unsere Erwartungen nicht erfüllt und wurden deshalb abgebrochen“, sagte der Nordkoreaner dem Bericht zufolge. Nun liege es an Washington, den Dialog wieder aufzunehmen, forderte er. Dort erklärte das Ministerium lediglich, die Bemerkungen der Nordkoreaner deckten sich nicht „mit dem Inhalt und dem Geist der Gespräche“.
Es waren die ersten Verhandlungen seit einem Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Machthaber Kim Jong Un im Februar in Vietnam, das an der Frage der atomaren Abrüstung gescheitert war. Trump und Kim hatten die neuen Verhandlungen auf Arbeitsebene Ende Juni bei einem Treffen an der innerkoreanischen Grenze vereinbart.
Die USA und westliche Verbündete fordern eine Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel und eine Einschränkung der Raketen- und Waffenprogramme des ostasiatischen Landes. Nordkorea hat grundsätzlich den Willen zur Abrüstung bekundet, besteht aber vor Zugeständnissen auf einer schrittweisen Aufhebung der Sanktionen.
Grundlage für weitere Verhandlungen
US-Außenminister Mike Pompeo hatte sich noch während der Gespräche am Samstag zuversichtlich gezeigt, dass dort erste Fortschritte erzielt werden könnten. Der Austausch solle die Grundlage für weitere Verhandlungen „in den kommenden Wochen und Monaten“ bilden, sagte Pompeo während eines Besuchs in Griechenland. Die USA hätten zu den Gesprächen in Stockholm eine Reihe von Ideen mitgebracht.
Das international isolierte Nordkorea verfügt Experten zufolge über erste Atomwaffen und treibt die Entwicklung ballistischer Raketen weiter voran. Diese können mit Atomsprengköpfen ausgerüstet werden.
US-Präsident Trump ist mit den inzwischen drei persönlichen Treffen mit Kim ein Risiko eingegangen: Führt ihn der junge Machthaber an der Nase herum, um Zeit zu gewinnen? Oder könnte die Befriedung der koreanischen Halbinsel Trump sogar den Friedensnobelpreis einbringen, wie der Präsident bisweilen zu hoffen scheint?
Trumps Verhandlungsstrategie hat viele Kritiker, die argumentieren, Kim wolle nur genügend Zeit gewinnen, um sein Atomwaffenarsenal so zu verbessern, um militärisch nicht mehr verwundbar zu sein. Der kürzlich von Trump entlassene nationale Sicherheitsberater John Bolton etwa erklärte jüngst, Nordkorea werde trotz Gipfeltreffen und Gesprächen sein Atomwaffenprogramm „nie freiwillig aufgeben“. Nordkorea sei eine „gravierende und wachsende Bedrohung“, so Bolton.
„Erwarten Sie mehr Raketen-Tests“
Dem renommierten Nordkorea-Experten Ankit Panda zufolge deutete der schnelle Abbruch der Verhandlungen in Schweden darauf hin, dass Nordkorea vergeblich Zugeständnisse der USA bei der Aufhebung von Sanktionen erwartet habe. Damit stünden die Zeichen wieder auf Eskalation, warnte er auf Twitter. „Erwarten Sie mehr Raketen-Tests.“
Nordkorea hatte zuletzt mehrere Kurz- und Mittelstreckenraketen getestet. Erst am Mittwoch testete das Land nach eigenen Angaben eine neuartige ballistische Rakete vom Typ Pukguksong-3, die von einem U-Boot abgefeuert worden sein soll. Das wäre ein bedeutender Fortschritt für Nordkoreas Waffenprogramm. Das US-Militär bestritt indes, dass die Rakete von einem U-Boot abgefeuert wurde.
Am Sonntag bekräftigten Nordkorea und China, der einzige wichtige Verbündete des weitgehend isolierten Landes, sie wollten ihre engen Beziehungen aufrechterhalten. Der chinesische Präsident Xi Jinping erklärte der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge, beide Seiten hätten in einer Reihe wichtiger Fragen einen Konsens erreicht, was die Beziehungen beider Staaten in eine neue historische Ära führe. Nordkoreas Machthaber Kim antwortete darauf, beide Staatenlenker würden den Frieden und die Stabilität auf der koreanischen Halbinsel und in der Welt konsequent schützen.
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