Artgerechte Haltung: Zu viel Interesse an „Tierwohl“
Supermärkte zahlen etwas mehr Geld für ein bisschen artgerechte Haltung. Doch nun wird das Aldi und Co doch zu teuer.
Im Rahmen der Initiative zahlen die großen Einzelhandelsunternehmen wie Aldi und Edeka seit dem 1. Januar vergangenen Jahres in einen Fonds ein – 4 Cent pro verkauftem Kilo Fleisch. Tierhalter können sich anmelden und bekommen aus diesem Fonds Bonuszahlungen, wenn sie ihren Tieren beispielsweise mehr Platz im Stall zur Verfügung stellen.
4.700 Schweinebesitzer bewarben sich, aber nur rund 2.100 der Betriebe wurden für die Überprüfungen zugelassen – die anderen kamen auf eine Warteliste.
Rukwied fordert nun, dass die Händler 12 Cent für jedes Kilo Fleisch, das sie verkaufen, in den Fonds einbringen sollen. Damit könnten deutlich mehr Bauern beteiligt werden. Tierwohl ist eines der zentralen Themen bei der weltgrößten Agrarmesse Grüne Woche, die noch bis zum 25. Januar in Berlin läuft.
Was gilt als Erfolg?
Der Streit schwelt schon länger. Im Dezember hatte der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband eine Erhöhung des Beitrags von 4 auf 6 Cent pro Kilo gefordert. Landwirte demonstrierten unter anderem vor dem Verwaltungsgebäude von Edeka in Minden-Hannover.
„Wir sind bereit, über eine Mehrzahlung des Handels zu diskutieren, wenn die vertraglich vereinbarte Erfolgsmessung der Maßnahmen vorliegt. Bislang bremsen Landwirtschaft und Schlachtunternehmen eine neutrale Überprüfung des Tierwohls aus“, erklärte danach Frank Thiedig für Edeka Minden-Hannover.
Frank Thiedig, Edeka
Der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Friedrich Ostendorff, kritisierte das: Es sei „eine Farce“, dass Edeka zunächst messbare Erfolge sehen wolle. Schließlich sei dieser doch schon durch die hohe Anmeldequote offensichtlich. Er spart auch nicht mit Kritik an Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU): Dass dieser sich aus der Preisbildung heraushalte, sei „ein Schlag ins Gesicht“ für alle Bauern, die leer ausgegangen seien.
Verbraucherschützer plädieren für eine andere Lösung: ein verbindliches nationales Tierschutzlabel. Doch eine gesetzliche Kennzeichnung will Schmidt nicht. Aus seinem Ministerium heißt es aber, man prüfe, wie der Wunsch der Verbraucher nach einer Kennzeichnung erfüllt werden könne.
Genau das ist bei der „Initiative Tierwohl“ nicht der Fall: Ob das Fleisch im Supermarkt von teilnehmenden Bauern kommt, können Verbraucher nicht erkennen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen