Armenien und Aserbaidschan im Konflikt: Wieder Kämpfe im Kaukasus
Aserbaidschan und Armenien machen sich gegenseitig für die neuerliche Eskalation verantwortlich. Jetzt beschossene Gebiete liegen auf armenischem Gebiet.
„Der Feind versucht, vorzustoßen“, erklärte das Verteidigungsministerium in Eriwan. Die aserbaidschanische Armee setze Artillerie und Drohnen gegen militärische und zivile Ziele nahe der Städte Goris, Sotk und Dschermuk ein. Es gebe Tote und Verletzte. Bereits in der Nacht hatten beide Seiten Kämpfe nahe der Grenze gemeldet.
Armeniens Ministerpräsident Nikol Paschinjan forderte nach Angaben seines Büros in Telefonaten mit Russlands Präsident Wladimir Putin, US-Außenminister Antony Blinken und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine „angemessene Reaktion der internationalen Gemeinschaft“ auf das Vorgehen Aserbaidschans.
Aserbaidschan warf Armenien hingegen „großangelegte subversive Handlungen“ in Grenznähe und Beschuss seiner Militärstellungen vor. So sprach das Verteidigungsministerium Aserbaidschans in Baku davon, ein großangelegter armenischer Sabotageversuch habe die Kämpfe ausgelöst. „Die gesamte Verantwortung für die Situation liegt bei der militärisch-politischen Führung Armeniens“, hieß es.
Jahrzehntealter Konflikt
Die früheren Sowjetrepubliken bekriegen einander seit Jahrzehnten wegen des Gebiets Bergkarabach. Allerdings wurde nach armenischen Angaben diesmal nicht die Exklave angegriffen, sondern Stellungen auf dem Gebiet Armeniens.
Das umstrittene Bergkarabach gehört zu Aserbaidschan, wird aber von Armeniern bewohnt. Nach dem Zerfall der Sowjetunion sicherten sich armenische Kräfte in einem Krieg von 1992 bis 1994 die Kontrolle über das Gebiet und besetzten weite Teile Aserbaidschans. Im Herbst 2020 kam es erneut zum Krieg.
Bei den sechswöchigen Gefechten wurden etwa 6.500 Menschen getötet, bis die Kämpfe durch ein von Russland vermitteltes Waffenstillstandsabkommen beendet wurden. Dabei musste Armenien große Gebiete abgeben. Anfang August dieses Jahres war die Gewalt erneut aufgeflammt.
Das Auswärtige Amt mahnte Deutsche in der Region zur Vorsicht, eine Ausweitung der Kämpfe sei nicht ausgeschlossen. Wer in einem von Kampfhandlungen betroffenen Gebiet sei, solle sich an einen geschützten Ort begeben und dort warten, bis man ihn sicher verlassen könne. Gerade Dschermuk ist bei ausländischen Touristen beliebt, dort befindet sich ein bekanntes Mineralbad.
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