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Bremen soll seinen Beamten den Lohn kürzen

Stefan Korioth, Anwalt von Hamburg und Niedersachsen, hat nur einen Spartipp für die Bremer Finanzsenatorin parat

„Es ist keine Freude, in Deutschland ein Stadtstaat zu sein.“ Günter Dannemann, ehemaliger Bremer Finanz-Staatsrat, zeichnete bei einer Podiumsdiskussion im Vegesacker KITO ein Mitleid erregendes Bild von den fiskalischen Verhältnissen des kleinsten Bundeslandes. Die grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert mochte ihm nicht widersprechen: „Kein Bundesland hat eine größere Lücke zwischen dem Bruttoinlandsprodukt und der Haushaltskraft wie wir. Der Länderfinanzausgleich ist ungerecht, uns wird viel zu viel weggenommen.“

„Hat Bremen als Stadtstaat noch eine Zukunft?“, lautete die Frage des Abends und außer den beiden lokalen Finanzpolitikern hatten die Organisatoren der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung auch den Juristen Stefan Korioth eingeladen. Korioth vertritt in Karlsruhe acht Bundesländer gegen die bremische Klage auf Fortsetzung der Sanierungshilfen. Der Münchener Verfassungsrechtler hatte sich hierzulande im März mit einem Gutachten unbeliebt gemacht, das feststellte, dass Bremen keine weitere Sanierungshilfe verdient habe, weil es „unter dem Schleier seiner Haushaltsnotlage in extremem Ausmaß über seine Verhältnisse“ lebe.

„Die Ausgaben Bremens liegen über dem Durchschnitt der Stadtstaaten – trotz der enormen Verschuldung“, so wiederholte Korioth im KITO. Er warf Linnert vor, erst für 2011 eine Senkung der Pro-Kopf-Ausgaben auf 122 Prozent im Ländervergleich anzupeilen. „Schon 1992 hat Karlsruhe Bremen Sanierungshilfen zugesprochen. Wie kann es sein, dass erst 20 Jahre später ein – mäßiges – Sparniveau eingeschlagen wird?“

Linnert verwies auf den „minimalen“ Gestaltungsspielraum durch die hohe Zinsbelastung: „Bestimmte Sachen kann man einfach nicht einsparen. Die Bremer haben ein Recht auf gleichwertige Lebensverhältnisse wie anderswo.“ Korioth hat „große Sympathien“ für die Egalisierung durch den Länderfinanzausgleich, doch Bremen müsse „Einsparpotenziale nutzen“. Das war das Stichwort für den Gastgeber Horst-Jürgen Lahmann von der Liberalen Gesellschaft: „Leisten wir uns nicht zu viel?“, fragte Lahmann in die Runde – und schob einige Anregungen zur Eindämmung der öffentlichen Ausgaben hinterher: „Merkwürdige Vermögenswerte – ich meine nicht die Gewoba – müssen veräußert werden, vor allem die Schiffsbeteiligungen und Grundstücke.“ Selbst Korioth widersprach da: „Das Tafelsilber ist längst weg, bei der Polizei und den Hochschulen nennenswert zu sparen wäre politisch fatal – aber bei der Beamtenbesoldung, da ist noch einiges zu holen.“ cja

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