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Richter ohne Amt

Ermittlungen wegen Kinderpornographie: Präsident des Hamburger Landessozialgerichts muss gehen

Der Präsident des Hamburger Landessozialgerichts, Michael R., ist von der Richterdienstkammer vorläufig des Amtes enthoben worden. Gegen ihn wird wegen Nutzung kinderpornografischer Dateien ermittelt. Die drei Richter entsprachen damit dem Antrag des Personalamtes des Hamburger Senats. Mitte Dezember hatte Justizsenator Carsten Lüdemann (CDU) bereits ein Disziplinarverfahren gegen den 54-jährigen Juristen eingeleitet.

Michael R. war durch eine Sammelanzeige eines Internet-Providers gegen Nutzer kinderpornographischer Seiten ins Visier geraten. Bei den Ermittlungen stießen die Fahnder auf einen Internet-Anschluss einer Mainzer Wohnung, die R. mit seiner Lebensgefährtin bewohnte. Bei der Razzia und der PC-Untersuchung fanden die Fahnder 41 Kinderporno-Dateien. Wenig später wurden auch R.s Diensträume sowie seine Wohnung in Hamburg gefilzt, der Privat-PC beschlagnahmt und die Festplatte seines Dienstrechners kopiert.

Nach den bisherigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Mainz besteht laut Richterdienstkammer der dringende Verdacht, dass R. die ihm als Richter obliegende Verpflichtung, sich außerhalb des Dienstes entsprechend vertrauensgerecht zu verhalten, verletzt hat. Die strafbare Beschaffung kinderpornographischen Materials, derer er verdächtig sei, sei eine schwere Dienstpflichtverletzung, so die Richter. „Die Schwere des Verstoßes rechtfertigt die vorläufige Dienstenthebung.“ R. kann gegen den Beschluss Beschwerde einlegen.

Michael R. war in den neunziger Jahren Richter am Bundessozialgericht und wurde 1997 Vorsitzender Richter am Landessozialgericht Rheinland-Pfalz. 2003 wurde der profilierte Sozialrechtler vom damaligen CDU-Justizsenator Roger Kusch als Präsident des Landessozialgerichts an die Elbe geholt und ist seit 2004 stellvertretender Richter am Hamburgischen Verfassungsgericht. KAI VON APPEN

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