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Protest gegen Gen-Rüben

Der Saatgut-Hersteller KWS Saat AG will in diesem Jahr in Südniedersachsen einen Freilandversuch mit genmanipulierten Zuckerrüben starten. Vor Ort wächst der Widerstand gegen dieses Vorhaben

Das Bundesamt will noch im März über die Versuche entscheiden

VON REIMAR PAUL

Im südlichen Niedersachsen wächst der Protest gegen neue Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Rüben. In den vergangenen Wochen seien mehr als 2.200 Unterschriften gegen das Vorhaben einer Tochter des Einbecker Saatgutunternehmens KWS Saat AG gesammelt worden, teilte die Bürgerinitiative für ein gentechnikfreies Südniedersachsen am Montag mit. Außerdem hätten rund 100 Bürger schriftliche Einwendungen an das Bundesamt für Verbraucherschutz gerichtet. Der Rat der Kreisstadt Northeim hat sich mit Mehrheit ebenfalls gegen die Versuche ausgesprochen.

Erstmals seit 2002 sollen in Deutschland wieder genmanipulierte Zuckerrüben im Rahmen eines Freilandversuchs angebaut werden. Der KWS-Ableger Planta GmbH plant, von 2008 bis 2011 genmanipulierte, herbizidresistente Zuckerrüben an vier verschiedenen Standorten auszubringen. Zwei Felder liegen im niedersächsischen Kreis Northeim, die beiden anderen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern.

Die manipulierten Rüben wurden von der KWS gemeinsam mit dem Gentechnik-Konzern Monsanto entwickelt. Erklärtes Ziel der Freisetzung ist es, den kommerziellen Anbau genmanipulierter Zuckerrüben in Deutschland und Europa zu ermöglichen. Die Rüben enthalten unter anderem ein Resistenzgen gegen Totalherbizide mit dem Wirkstoff Glyphosat. Diese Spritzmittel werden von Monsanto unter dem Namen „Roundup“ vertrieben.

Die Kritiker befürchten, dass auch andere Pflanzen zumal auf benachbarten Feldern durch die Versuche beeinträchtigt werden könnten. Die Risiken seien allenfalls im Labor zu kontrollieren, aber nicht auf dem Freiland, urteilt die Bürgerinitiative. Der Anbau genmanipulierter Zuckerrüben sei hochriskant und würde gentechnischer Verunreinigung über einen langen Zeitraum und lange Distanzen Tür und Tor öffnen. In Erinnerung haben Kritiker etwa eine Gen-Panne im Jahr 2000, als bei einem Genversuch der KWS Saat AG Zuckerrüben in einem Gewächshaus durch ein technisches Versehen gegen ein Herbizid resistent wurden.

Die aktuelle beantragten Freilandversuche muss das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit genehmigen, es will voraussichtlich noch im März darüber entscheiden. Unterdessen hat sich mit der mecklenburg-vorpommerischen Region Parchim ein weiteres Gebiet zur „gentechnikfreien Region“ erklärt. Landwirtschaftliche Betriebe mit diesem Label verzichten auf gentechnisch verändertes Pflanz- und Saatgut sowie auf die Verwendung von Gentechnik im Bereich der Tierhaltung. In Deutschland gibt es bereits rund 170 solcher „gentechnikfreien Regionen“. An rund 70 weiteren Orten arbeiten Initiativen an diesem Ziel.

In Südniedersachsen haben es die Gentechnik-Kritiker mit einem finanzstarken Gegenüber zu tun: Der Saatguthersteller KWS besetzt bei Zuckerrüben weltweit eine Spitzenposition. Ferner förderte im Jahr 2006 das Land Niedersachsen die Erzeugung von gentechnisch veränderten Kartoffeln, Zuckerrüben und Weizen bei KWS mit 600.000 Euro. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sagte, Gentechnik sei eine Voraussetzung für den Fortschritt der weltweiten Ernährungssicherheit.

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