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„Das kam aus der Situation halt“

Nach langem Ringen gibt ein Vater vor dem Hamburger Landgericht den sexuellen Missbrauch seiner elfjährigen Tochter und deren Freundin zu. Er habe Stress mit der Mutter gehabt und viel getrunken

Zwei lange Prozesspausen brauchte ein 53 Jahre alter Lastwagenfahrer am Montag, um den sexuellen Missbrauch an seiner Tochter und einer ihrer Freundinnen vor dem Hamburger Landgericht zuzugeben. Er ersparte damit den heute 13 Jahre alten Mädchen, vor Gericht auszusagen und ihm damit wieder zu begegnen. Der Angeklagte bestreitet aber, auch eine weitere Freundin seiner Tochter in seinem Wohnwagen an der Ostsee begrabscht und geküsst zu haben.

Für die Aussage musste der Vorsitzende Richter Ulrich Weißmann lange und intensiv auf den Mann einwirken, der offensichtlich nur mäßig vorbereitet vor Gericht erschienen war. Man könne den Schaden nur begrenzen, indem man gestehe, sagte Richter Weißmann. Vor Gericht auszusagen, sei für die Kinder eine Qual. „Ihre Tochter hier zu hören, davor graut mir.“

Der Familienvater hatte zunächst erklärt, er habe niemals versucht, sich an seiner Tochter zu befriedigen. Man habe getobt, am Computer gespielt und Quatsch gemacht. „Das war alles ein blöder Scherz.“ Er könne aber nicht ausschließen, dass er im Gerangel mal die Scheide einer der Elfjährigen angefasst habe.

Im seinem späteren Geständnis schilderte der Angeklagte die Vorgänge etwas anders. „Ich habe absolut kein Faible dafür, das kam aus der Situation halt“, quetschte er heraus. „Wenn ich mich mal irgendwo dran gerieben habe, dann ist es so gewesen.“

Zu Beginn des Prozesstages hatte der 53-Jährige die schwierige Beziehung zu seiner Frau und Mutter seiner Tochter in der fraglichen Zeit geschildert. Er sei völlig überfordert gewesen, habe etwa 14 Stunden im LKW gesessen und danach versucht, den Ansprüchen seiner Frau zu genügen, dazu Unmengen von Alkohol getrunken. „Sie hat mich physisch wie psychisch fertig gemacht“, beklagte sich der Mann.

Ob die eingeräumten Taten auch als Rache an seiner Frau zu verstehen sind, ob sie die Folgen seines Alkoholkonsums waren und dann einfach passiert sind, weil die Mädchen um ihn waren, oder ob der Täter als pädophil einzustufen ist, wird sich im Verfahren vermutlich nicht mehr klären lassen.

Der Prozess wird am 26. Juni fortgesetzt. SAVINA KOCH

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