piwik no script img

die cdu will den kriegOhne Rücksicht auf das Grundgesetz

Ja, Gerhard Schröder hat in den letzten Monaten schwere außenpolitische Fehler gemacht. Sehr wahr, alles sehr bedauerlich. Aber nichts von dem, was der Bundeskanzler getan oder unterlassen hat, ist auch nur annähernd so unverantwortlich wie die Reaktionen der Unionsparteien auf seinen Kurs. Eine „Gefahr für Deutschland“ sieht die CDU-Vorsitzende in Gerhard Schröder. Der gescheiterte Kanzlerkandidat beschuldigt ihn, „die Axt“ an die Nato zu legen. Die Bundesrepublik sei ein unzuverlässiger Partner geworden, außenpolitisch isoliert und verantwortlich für die Vertrauenskrise innerhalb der Nato: so der anschwellende Bocksgesang der Opposition, in den inzwischen fast die gesamte veröffentlichte Meinung einstimmt.

Kommentar vonBETTINA GAUS

Falsche Behauptungen werden jedoch auch durch beständige Wiederholungen nicht richtig. Wenn man die Vetomächte Frankreich und Russland oder die Arabische Liga nicht einfach zu vernachlässigbaren Größen in der neuen Weltordnung erklären möchte, dann kann von Isolation der Bundesrepublik keine Rede sein. Es ist übrigens lustig, dass ausgerechnet die Union, die in den guten deutsch-französischen Beziehungen gerne ein Vermächtnis von Adenauer sieht, derzeit geruht, den Kurs in Paris schlicht nicht zur Kenntnis zu nehmen. Oder meint die Opposition, die rot-grüne Regierung habe die Franzosen zu ihrer Haltung gezwungen?

Das Grundgesetz verbietet nicht nur die Beteiligung an Angriffskriegen, sondern sogar deren Vorbereitung. Ein Militärschlag gegen den Irak, womöglich noch ohne UN-Mandat, wäre ein solcher Angriffskrieg. Es bleibt der Opposition natürlich unbenommen, die Qualität der transatlantischen Beziehungen für wichtiger zu halten als die Verfassung des eigenen Landes. Dann ist es allerdings sie und nicht die Regierung, die den Grundkonsens aufkündigt, Außenpolitik entsprechend geltender Gesetze zu gestalten.

Die Union mag das tun. Aber sie sollte mit dem fahrlässigen Geschwätz aufhören, das die Bundesrepublik zu einem unsicheren Kantonisten erklärt. Derartige Einschätzungen haben nämlich die fatale Eigenschaft von sich selbst erfüllenden Prophezeiungen. Im Bereich der Außenpolitik leidet niemals nur der gute Ruf eines Regierungschefs, sondern immer der des ganzen Landes – so ungerecht das ist. Wenn der Opposition wirklich so viel an Deutschland liegt, wie sie behauptet, dann sollte sie schleunigst einen Gang herunterschalten.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen