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„Sonderparteitag ist bedenklich“

DIW-Chef Zimmermann rät Kanzler Schröder, im Kampf gegen die SPD-Reformkritiker knallhart zu bleiben. Bei Arbeitslosen müsse gespart werden, egal ob dies zu neuen Jobs führt oder nicht. Das bisherige Leistungsniveau sei auf jeden Fall zu teuer

Interview ULRIKE HERRMANN

taz: Herr Zimmermann, die Sozialreformen von Kanzler Schröder sind innerhalb der SPD heftig umstritten. Sollte er einlenken?

Klaus Zimmermann: Auf gar keinen Fall. Der SPD-Sonderparteitag ist bedenklich. Dadurch könnten nötige Korrekturen weiter verschoben werden. Der Erfolg der Legislatur entscheidet sich in diesem Jahr, weil Strukturreformen einige Jahre brauchen, um zu wirken.

Die SPD-Linke ist vor allem gegen die Kürzungen bei den Arbeitslosen.

Die müssen aber sein. Momentan gibt es für Arbeitslose und Bezieher von Sozialhilfe zu wenig Anreize, eine Arbeit aufzunehmen. Es lohnt sich für sie nicht, weil der Abstand zu den niedrigen Löhnen zu gering ist.

Sie wollen also anders als der Kanzler auch noch die Sozialhilfe kürzen?

Nein. Aber man sollte das „Workfare-Prinzip“ anwenden. Das heißt: Wer erwerbsfähig ist und Sozialhilfe bezieht, muss stärker zur Arbeit herangezogen werden. Genau das hat Wirtschaftsminister Clement ja für junge Arbeitslose angekündigt.

Weniger Geld für Arbeitslose, Arbeitszwang für Sozialhilfeempfänger: Was soll das nutzen? Es fehlen doch die Jobs.

Stimmt. Diese Strategien werden nicht helfen, wenn es nicht gelingt, neue Arbeitsmärkte zu entwickeln, die Niedrigqualifizierte aufnehmen. Diese Problemgruppe der Ungelernten und Älteren umfasst etwa zwei Millionen Menschen.

Und wo sollen zwei Millionen neue Jobs entstehen? Bei den Mini-Jobs?

Die Mini-Jobs bringen gar nichts für die Arbeitslosen. Das ist eine Domäne für Hausfrauen, Schüler, Studenten und Rentner.

Wo also dann?

Im Vergleich zu anderen Ländern ist der Dienstleistungssektor in Deutschland nur schwach entwickelt. Das hat auch mit der Kultur zu tun. Viele Deutsche wollen gar keine Dienstleistungen nachfragen. Sie schämen sich.

Aber ein reiner Kulturwandel wird ja wohl keine zwei Millionen Jobs entstehen lassen?

Im Kern geht es darum, die Argumentation der Unternehmer ernst zu nehmen und zu überprüfen. Die Firmenchefs sagen, dass sie viele niedrig bezahlte Jobs gar nicht erst schaffen, weil sie sowieso keine Bewerber dafür finden würden. Wir hoffen, dass die Unternehmer ihre Produktionsprozesse umschichten, wenn sie sehen, dass es Arbeitslose gibt, die wirklich bereit sind, für niedrige Löhne anzuheuern.

Und wenn die Unternehmer trotzdem keine neuen Arbeitsplätze im Niedriglohnsektor anbieten?

Dann müssten wir es mit Lohnzuschüssen probieren.

Warum nicht gleich?

Das ist im Vergleich sehr teuer. Und es besteht immer das Risiko der Mitnahme-Effekte – dass also ein Unternehmer den Lohnzuschuss kassiert, obwohl er sowieso eine Stelle geschaffen hätte.

Und wenn kein Rezept funktioniert?

Dann muss man trotzdem bei den Arbeitslosen kürzen. Wir können uns das bisherige Leistungsniveau nicht mehr leisten.

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