Klar trübt Koalition

In der Hamburger schwarz-grünen Koalition knirscht es gewaltig: Erstmals kritisieren die grünen Spitzenpolitiker Till Steffen und Antje Möller öffentlich Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU)

VON MARCO CARINI

Es war der berühmte Schritt zu weit. Als Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) am Montagabend ankündigte, er werde „die Hörfunk- und Fernsehanstalten in einem Brief auffordern“, dem Ex-RAF-Mitglied Christian Klar nach dessen Freilassung „nicht auch noch in Talkshows und Interviews ein Forum zu bieten“, platzte seinem Justizkollegen, dem grünen Senator Till Steffen, der Kragen. „Die Anstalten bedürfen in dieser Frage wohl kaum der Nachhilfe des Innensenators“, rüffelte Steffen seinen Kollegen ungewöhnlich deutlich. Der aber teilte der taz gestern mit, er halte an seinem Plan fest, „in den nächsten Tagen an die größeren öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanstalten zu appellieren, Herrn Klar nicht auch noch in Talkshows ein Forum zu bieten“.

Auch Ahlhaus‘ Kritik am Stuttgarter Oberlandesgericht, das die baldige Freilassung Klars am Montag verfügt hatte, brachte Steffen auf die Zinne. „Unerträglich“ sei es, hatte Ahlhaus nach der Stuttgarter Entscheidung gepoltert, dass Klar sich „bald wieder in Freiheit“ befinde. „Es ist nicht die Aufgabe eines Innensenators, einzelne Gerichtsurteile zu kritisieren“, wies Steffen den Kollegen in die Schranken. Hier sei „der Respekt der Gewalten voreinander“ geboten.

Dass Steffen öffentlich auf Gegenkurs zu seinem Amtskollegen geht, zeigt, dass die oberste Prämisse der schwarz-grünen Koalition, Konflikte lautlos hinter den Kulissen zu managen, im Zusammenspiel mit Ahlhaus nicht funktioniert. Schon mehrfach hatte der CDU-Hardliner mit forschen, unabgestimmten Vorstößen den Koalitionspartner brüskiert und damit deren öffentliche Opposition herausgefordert (siehe Kasten). Die Innenpolitik droht zur Sollbruchstelle der Koalition zu werden: Hier der auf Repression geeichte Law-and-order-Senator, dort die auf Einhaltung von Freiheits- und Bürgerrechten bedachten Grünen, die eher auf Prävention als auf immer neue Gesetzesverschärfungen setzen.

Noch am Abend nach den Ahlhaus-Äußerungen über Klar kritisierte auch die innenpolitische Sprecherin der GAL-Fraktion, Antje Möller, den Innensenator ungewöhnlich scharf – wenn auch in anderer Sache. In der Flüchtlingspolitik gäbe es ein permanentes „Gezerre“ zwischen den schwarz-grünen Partnern, erklärte Möller auf einer Veranstaltung zur „Innen- und Flüchtlingspolitik der GAL“ im Hamburger Rathaus. Hatte Möller etwa bislang zusammen mit Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) versucht, das umstrittene Schulregister, das Kinder illegal in Hamburg lebender Flüchtlinge outet, auf dem kleinen Dienstweg zu kippen, erboste sie sich am Montag öffentlich, dass sich die CDU mit Ahlhaus an der Spitze hier „querstelle“. Zudem versuche die Behörde, geduldete Flüchtlinge, die sich in einer beruflichen Qualifiktionsmaßnahme befänden, noch vor deren Ende abzuschieben.

Ahlhaus ficht diese Kritik nicht an. Bei seiner Klar-Offensive gehe es ihm natürlich „in keiner Weise darum, die eigenverantwortliche Berichterstattung der Medien zu gängeln“. Und als ihn vorige Woche eine Flüchtlingsinitiative zum „Abschiebeminister 2008“ kürte, konterte Ahlhaus, diese Auszeichnung verstehe er als „Kompliment“.