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In der Spirale

Kritischer Polizist Wüppesahl erneut vor dem Kadi. Staatsanwaltschaft bastelt an neuer Anklage

Die Vorgaben waren klar: Der Sprecher der Kritischen Polizisten, Thomas Wüppesahl, sollte aus dem Dienst verbannt werden. Daher wurden zwei Verkehrsbagatellen genutzt, um 2002 daraus eine Anklage zu zimmern. Doch der Plan lief schief und die Staatsanwaltschaft hätte sich heute gern die peinliche Wiederholung des Verfahrens vorm Landgericht erspart. Doch der Kripomann besteht auf Rehabilitierung.

Wüppesahl wird vorgeworfen, 2001 im Alten Land zu dicht am Falschparker Bernd R. vorgefahren zu sein, als dieser aussteigen wollte. An einer Ampel trafen sich beide wieder. Dazu gesellte sich auch noch Brummi-Fahrer Jürgen V., der sich von Wüppesahl zuvor ausgebremst gefühlt hatte. Es kommt zum verbalen Disput. Um die Situation zu „deeskalieren“, zückte Wüppesahl seine Dienstmarke. Als er jedoch wegfahren wollte, stellte sich V. in den Weg.

Obwohl die eintreffenden Polizisten den Fall nicht recht ernst nehmen, werden umfangreiche Ermittlungen aufgenommen. Das Resultat für die Staatsanwaltschaft ist ein Verbrechensregister: Verfolgung Unschuldiger, Eingriff in den Straßenverkehr. Doch nach vier Prozesstagen blieb von den Vorwürfen nichts übrig – was die Staatsanwaltschaft nicht davon abhielt, ein Jahr Freiheitsstrafe und Entfernung aus dem Polizeidienst zu fordern. Doch Amtsrichter Siegfied Hübner winkte ab und verurteilte Wüppesahl nur zu 40 Tagessätzen.

Die Staatsanwaltschaft bastelt bereits an einem neuen Punkt, dem kritischen Polizisten ein Bein zu stellen. Es wird gegen Wüppesahl ermittelt, da er öffentliche Kritik geäußert hatte, nachdem ein Polizist an Heiligabend 2002 einen unbewaffneten Mann von einer Mauer erschossen hatte (taz berichtete). MAGDA SCHNEIDER

Prozess: Dienstag, Strafjustizgebäude, 9 Uhr, Saal 328

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