: Neue Hoffnung für ein soziales Zentrum
Vertreter des Sozialforums und des Bezirksamts Kreuzberg suchen gemeinsam nach einer Möglichkeit, ein landeseigenes Haus für ein soziales Zentrum zur Verfügung zu stellen. Senat muss bei Verhandlung draußen bleiben
Mehrere Monate bewegte sich im Konflikt um ein Haus für das Berliner Sozialforum fast nichts. Jetzt scheint der öffentliche Druck zu wirken: Am Wochenende trafen sich Vertreter der Initiative und des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg im kleinen Kreis, um eine Lösung zu besprechen: Der Bezirk will jetzt am 27. April ein eigenes Konzept zur Errichtung des Sozialen Zentrums vorlegen – ohne Mitsprache der Senatsverwaltung.
„Vielen soziokulturellen Projekten droht das Aus. Doch wir halten ehrenamtliches soziales Engagement im Bezirk für wichtig. Daher hoffe ich, dass es dem Bezirksamt jetzt gelingt, mit einem neuen Vorschlag zu einem positiven Abschluss zu kommen“, sagte Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer (PDS). Die Lage sei lange kompliziert gewesen, sie wollten im Bezirksamt „nicht verzögern“, hätten aber vor „objektiven Problemen“ gestanden. Denn leer stehende öffentliche Gebäude dürften nicht unter dem ortsüblichen Mietpreis verpachtet werden. Da die meisten Initiativen aber das Geld für teure Mieten nicht aufbringen können, hatte das Sozialforum vorgeschlagen, den ins Auge gefassten Bau in der Glogauer Straße 16 als Zwischennutzung oder per Erbpacht zu übernehmen. Dafür hatte das Forum schon einen Verein gegründet und Bürgschaften gesammelt.
„Jetzt sehe ich aber Bewegung auf Senatsebene, die Zwischennutzungen für soziale Projekte erleichtern können“, sagte Reinauer. So diskutiere der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses auf Antrag der PDS derzeit die langfristigen Rahmenbedingungen für ungenutzte öffentliche Gebäude.
Trotzdem tagte die Verhandlungsrunde diesmal ohne einen Vertreter des Senats: Zwei Vertretern des Sozialforums, Bürgermeisterin Reinauer, Finanzstadtrat Lorenz Postler (SPD) sowie Rudolf Hellmann, Leiter des Grundstücksamtes, sprachen die Pläne unter sich ab. Bislang hatte Ralph Hirsch als Senatsbeauftragter für Alternativprojekte mit am Tisch gesessen, nun ist sein Erscheinen in dieser Runde nicht mehr erwünscht.
„Wir hatten den Eindruck, dass er für eine Betonfraktion im Senat spricht, die eine harte Linie gegenüber der Alternativszene durchsetzen will“, sagte eine Vertreterin des Sozialforums. „Er trat bei den Gesprächen öfter in der Rolle eines Scharfmachers gegen das soziale Zentrum auf.“ So hätten sich bereits erzielte Absprachen zerschlagen, die das Projekt zeitlich verzögerten.
Schon bei der ersten Besetzung der Glogauer Straße 16 im Oktober hatten Senatsvertreter auf schnelle Räumung gedrängt, während Bezirksvertreter über eine Duldung verhandeln wollten. Nur ein Kompromiss konnte das Eingreifen der Polizei halbwegs verhindern.
Diese Art von Hinhaltetaktik wollten der Bezirk und das Sozialforum offenbar nun gemeinsam nicht länger einfach hinnehmen und trafen sich deshalb in eigener Runde. „Ich habe den Eindruck, dass gerade PDS und Teile der Grünen ein ernsthaftes Interesse haben, uns einen Vertrag zu geben“, sagte ein Verhandlungsteilnehmer des Forums nach dem Treffen. „Dieses Mal bin ich das erste Mal aus einer Gesprächsrunde mit dem Gefühl herausgegangen, dass wirklich etwas passiert.“
TOBIAS VON HEYMANN
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