piwik no script img

Müll erreicht Aachen

Als Folge der Kölner Korruptionsaffäre durchsuchen Fahnder das Büro des Aachener Oberbürgermeisters

KÖLN taz ■ Nach dem Korruptionsskandal um den Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage knöpfen sich die Ermittler nun das Umland vor. Gestern durchsuchten Fahnder das Privathaus und die Büroräume des Aachener Oberbürgermeisters Jürgen Linden. Der Sozialdemokrat soll sich der Untreue, der Vorteilsannahme und der Bestechlichkeit schuldig gemacht haben. Linden ist der Prominenteste von rund zwanzig Beschuldigten. Insgesamt wurden 36 Objekte durchsucht. Drei Personen wurden festgenommen.

Ein Jahr nach dem Amtsantritt von Linden war im Jahr 1990 die Abfallwirtschaft Aachen GmbH (AWA) gegründet worden. Für das öffentliche Unternehmen sollte die Deutsche Babcock Anlagen GmbH mit einem Konsortium einen Müllofen in Weisweiler bauen. Bei Probeläufen gab es immer wieder Schwierigkeiten. Im Jahr 1997 sei dann ein Vertrag geschlossen worden, in dem Stadt und Kreis auf Schadenersatz und Vertragsstrafen „ohne jeden Anlass verzichteten“, so die Staatsanwaltschaft. Linden soll dabei eine dubiose Rolle gespielt haben: Babcock habe 100.000 Mark auf ein Verfügungskonto des Oberbürgermeisters überwiesen. Der sollte es an den Fußballverein Alemannia Aachen weiterleiten, bei dem er Mitglied des Verwaltungsrates war. Später sollen weitere Spenden von Baufirmen des Müllofens über diesen Weg geflossen sein.

Bei der Ausschreibung der Aachener Müllabfuhr soll es nach Erkenntnissen der Ermittler Manipulationen gegeben haben. „Der Stadt Aachen soll ein Schaden von mindestens 1,5 Millionen Mark entstanden sein, weil nicht der günstigste Anbieter ausgewählt wurde“, sagte Oberstaatsanwältin Regine Appenrodt der taz. Nach Ansicht der Ermittler hat der OB durch Einflussnahme seine Dienstpflichten verletzt und Spenden kassiert. Zwei Mitarbeiter des damaligen Amtes für Abfallentsorgung sollen als Gegenleistung für die Manipulationen zugunsten der Trienekens-Gruppe Renovierungen an ihren Privathäusern, ein BMW Cabrio und Urlaubsreisen erhalten haben.

P. BEUCKER, F. ÜBERALL

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen