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Zum Hamburger die „Bild“-Zeitung

Seit gestern verkauft McDonald’s auch das Boulevardblatt. Neuer Vertriebsweg als Testlauf für Aldi und Lidl

BERLIN taz ■ „Ich lese es!“, heißt der Slogan in Abwandlung des aktuellen McDonald’s-Werbespruchs. Gemeint ist Bild. Deutschlands größte Boulevardzeitung hat seit gestern über 1.000 Verkaufstellen mehr: die Filialen des Fastfood-Imperiums.

Was zunächst als vierwöchiger Probelauf geplant ist, soll dem Blatt helfen, besser an die Leser heranzukommen. Denn die traditionellen Vertriebswege – der morgendliche Gang zum Zeitungskiosk, fürs zweite Frühstück, das erste Bier und die Zeitung – brechen ein. Schuld sind neben der hohen Arbeitslosigkeit ganz generell Veränderungen im Einkaufsverhalten. Die Axel Springer AG hat zudem seit 2002 zahlreiche Verkaufsstellen ausgedünnt und setzt auf die „rentable Auflage“. Bislang mit Erfolg: Weniger Verkaufsstellen sorgen dank Preiserhöhung und geringerer Kosten trotz sinkender Auflage – minus 4,8 Prozent – für Rekordumsätze.

Springers Vorstoß aufs Terrain der McGesellschaft soll vor allem junge Menschen erreichen. Denn auch dem Blatt des „kleinen Mannes“ droht die demografische Keule: Jugendliche aus den Milieus, aus denen sich traditionell die LeserInnen von Boulevardblättern rekrutieren, gehen dem Medium Zeitung in Scharen verloren.

Es wäre nicht das erste Mal, dass Springer neue Vertriebswege jenseits des Fachhandels durchdrückt: Als in den 1970er-Jahren Tankstellen und zwei Jahrzehnte später Bäckereien zu Zeitungsläden wurden, war Bild immer ganz vorn mit dabei – zum Nutzen der gesamten Branche, wie man bei Springer betont. Und daher gar nicht den Ärger versteht, den jetzt andere Verlage androhen: Der Verlag DuMont Schauberg (u. a. Kölner Stadtanzeiger, Express) kündigt juristische Schritte an, sollte McDonald’s im Raum Köln nicht auch regionale Blätter anbieten.

Denn der Zeitungsvertrieb ist in Deutschland traditionell Sache der Grossisten. 92 Pressegroßhändler versorgen in Deutschland nach Angaben des Bundesverbands Presse-Grosso 119.995 Verkaufsstellen und ambulante Händler mit bis zu 3.700 verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften. Dass irgendwo nur ein einziger Titel verkauft wird, ist nicht im Interesse des Grossos. Und schon gar nicht, dass dieser Vertrieb zwischen Verlag und Endverkäufer unter Umgehung des Grossos läuft. Auch bei McDonald’s liefert das Grosso – und drängt die Fastfood-Kette, wenigstens jeweils noch einige Regionaltitel mitanzubieten.

Der Testfall Bild ist dabei nur Vorbote der nächste Schlacht um die Erreichbarkeit des Lesers: Vor allem die Boulevardtitel wollen endlich bei den Discountern wie Aldi, Lidl & Co. ins Regal. Denn hier hoffen sie die Kundschaft wieder zu finden, die es nicht mehr bis zum Kiosk schafft. Verhandelt wurde immer mal wieder, bisher ergebnislos. Denn zum einen schreckt die Discounter der Aufwand bei der Remission, also der Abrechnung der nicht verkauften Exemplare mit dem Grosso. Zum Zweiten widersprechen Zeitungen fundamental dem „Geiz ist geil“-Konzept: Sie müssen zum festgesetzten Preis verkauft werden – Discount-Abschläge gibt es nicht.

STEFFEN GRIMBERG

tazzwei SEITE 14

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