Urteil im Visier: Den Bogen überspannnt
Es ist sicherlich in vielen deutschen Gerichtsstuben Realität: Wenn der Vorsitzende ein Machtwort spricht, hat dies Gewicht. Dabei wird natürlich auch immer wieder von den Herren in den Schwarzen Roben Wissen und Macht ausgespielt, mit Grundsatzurteilen argumentiert oder mit juristischen Floskeln um sich geworfen.
Kommentarvon KAI VON APPEN
Formal haben der oder die Schöffen durchaus ein Mitspracherecht. Es gibt auch Urteilsfindungen, bei denen die Berufsrichter nicht unbedingt ihren Willen durchsetzen konnten – und wenn, dann nur, weil sie lautstark ihre Meinung kundtaten – mit anderen Worten: die Schöffen niederbrüllten.
Wenn sich allerdings das bestätigen sollte, was sich zurzeit in dem Wüppesahl-Verfahren andeutet, dass nämlich Schöffen von einem Richter bewusst hinters Licht geführt worden sind, käme dies einem Justizskandal gleich.
Denn bei Wüppesahl geht es nicht – das zeigt die Unzahl an Verfahren, die von gewissen Kräften in Polizei und Staatsanwaltschaft mit enormem Aufwand gegen den missliebigen Kommissar geführt werden – um klassische Strafverfolgung. Hier geht es offensichtlich darum, einen kritischen Staatsbeamten, der Missstände im Apparat öffentlich anprangert, mundtot zu machen.
Und wenn dies nicht auf der faktischen Ebene gelingt, wird der Umweg eingeschlagen. Wenn dabei bewusst Laienrichter getäuscht und missbraucht werden, ist der Bogen überspannt. Und das Recht gebeugt.
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