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Aufbegehren zur Urlaubszeit

Koalition droht neuer Knatsch: PDS fordert vom Bund eine Kompensation für Mindereinnahmen aus der vorgezogenen Steuerreform. Sonst werde sie im Bundesrat nicht zustimmen. Die CDU freut sich

von WALTRAUD SCHWAB

Wenn es beim Vorziehen der Steuerreform keine Ausgleichszahlungen für die damit verbundenen Steuerausfälle in Berlin gibt, werde die PDS für ein Nein im Bundesrat votieren. Dies bestätigte Stefan Liebich, Landes- und Fraktionschef der PDS, gestern der taz. Käme es zum Nein der PDS, müsste sich Berlin bei der Abstimmung in der Länderkammer enthalten. So ist es bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Berliner Regierungsparteien SPD und PDS in der Koalitionsvereinbarung geregelt.

Durch das Vorziehen kämen allein auf Berlin Mindereinnahmen von etwa 460 Millionen Euro zu, meint Liebich. Die PDS lehnt die Steuerreform ab, „weil keine adäquate Kompensation für die Kommunen eingeplant ist“, meint die PDS-Bundestagsabgeordnete Petra Pau. Die Partei bezweifelt, dass es einen wirtschaftlichen Aufschwung geben kann, wenn Unternehmen zwar entlastet würden, die Kommunen als wichtiger Auftraggeber aber handlungsunfähig wären, weil die ohnehin knappen Ressourcen noch weiter eingeschränkt würden.

Ein anderer Grund, den Liebich in die Diskussion einbringt: Die Fehlsumme von 460 Millionen Euro entspräche in etwa dem Betrag, den Berlin im Doppelhaushalt 2004/2005 einsparen wird. „Wir können die Berliner nicht mit Kürzungen quälen, und dann macht der Bund unsere Bemühungen wieder zunichte“, sagt er.

Dass mit dem Bund über die Folgen der vorgezogenen Steuerreform für die Kommunen geredet werde, bestätigt Günter Krug, der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD im Abgeordnetenhaus. Die heißen Tage würden genutzt, um das erhitzte Thema zu diskutieren, meint er. Die Abstimmung im Bundesrat stehe ja noch nicht heute oder morgen an. Ansonsten wird von Berliner SPD-Seite betont, dass man sich von der Steuerreform einen wichtigen Impuls für die Wirtschaft erhoffe.

Von der CDU ist kein Statement zum Thema zu bekommen. Alle in Urlaub. Nur Matthias Wambach, CDU-Landesgeschäftsführer, nimmt sogar in Spanien sein Handy ab. Ob ihn Knatsch zwischen den Koalitionären freue? „Ja sicher“, sagt er.

Oliver Schruoffeneger, der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, sieht andere Zusammenhänge. Die PDS mache bei ihrer Argumentation den Fehler, die Steuerreform unabhängig von der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe und der Gemeindefinanzreform zu betrachten. Die drei Projekte werden nach Ansicht Schruoffenegers im Paket verhandelt, und Berlin werde im Vergleich aller Bundesländer der größte Nettogewinner des Gesamtpakets werden. Die Neuordnung der Sozialhilfe werde den Berliner Haushalt jährlich um einen Betrag in Höhe von etwa 700 Millionen Euro entlasten. Dies gäben die Berechnungen aus der Finanzverwaltung vor. Selbst wenn diese Summe in Jahr 2004 zur Gegenfinanzierung der vorgezogenen Steuerreform herangezogen würde: Etwas bliebe übrig für die Stadt.

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