: Nur die Spitzel kennen die ganze Wahrheit
Die Bespitzelungsaktion gegen den Kölner Müllskandal-Richter Martin Baur bleibt mysteriös. Der ehemalige Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier und die Oppenheim-Esch-Holding bestreiten die Auftragsvergabe entschieden
Köln taz ■ Der Fall ist weiter mysteriös und Oberstaatsanwältin Regine Appenrodt bleibt deshalb vorsichtig. Nein, ihre Behörde wisse bisher nicht, wer hinter der Bespitzelung des Kölner Müllskandal-Richters Martin Baur steckt. Zwar sei tatsächlich ein von zwei Detektiven erstellter „Schlussbericht“ über Baur per E-Mail an eine Berliner Sicherheitsfirma gegangen, bestätigte sie der taz. Aber viel mehr könne sie derzeit nicht sagen. „Wir wissen nicht, welche Beziehungen diese Detektive zu der Berliner Firma haben, wer den Auftrag erteilt hat und zu welchem Zweck“, so Appenrodt.
Ihre Vorsicht ist verständlich. Denn bei der Sicherheitsfirma, an dessen Geschäftsführer Uwe Gerstenberg das brisante Mail gesendet worden sein soll, die jedoch keinen Auftrag zur Überwachung erteilt haben will, handelt es sich um die renommierte „Consulting Plus Sicherheitsberatung & Service GmbH“ – und die hat einen prominenten Mehrheitsgesellschafter: die Troisdorfer Oppenheim-Esch-Holding.
Deren Geschäftsführer Lothar Ruschmeier hatte Mitte Januar im Kölner Müllskandalprozess aussagen müssen. Doch seine Ausführungen hatten nicht nur Richter Baur ratlos wie wütend zurückgelassen. Denn Kölns früherer Oberstadtdirektor konnte sich bei seiner Aussage an nicht viel mehr als seinen Namen erinnern. Als Reaktion auf die klaffenden Erinnerungslücken hatte Baur anschließend die Wohnung und Büros des Sozialdemokraten durchsuchen lassen. Gegen ihn wird weiterhin wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage ermittelt.
Steckt also Ruschmeier hinter der Richter-Bespitzelung? Sein Anwalt Helmut Neumann bezeichnete eine solche Spekulation als „absurd“ und „völligen Quatsch“. Sein Mandant habe „damit nichts zu tun“. Auch die Oppenheim-Esch-Holding betonte, weder die Holding „noch Herr Ruschmeier haben einen derartigen Auftrag gegeben.“ Laut Appenrodt sieht bisher auch die Staatsanwaltschaft „gar keine Veranlassung“ für Ermittlungen in diese Richtung. Nur: Wer steckt dann hinter der sonderbaren Überwachungsaktion?
Seit März 2004, so die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft, war Baur von den zwei Privatdetektiven auf Schritt und Tritt observiert worden. Augenscheinlich sei es darum gegangen, Pikantes aus dem Privatleben Baurs herauszufinden, um ihn unter Druck setzen zu können. Deswegen wird nun gegen die beiden und ihren unbekannten Auftraggeber wegen des Verdachts der Verabredung einer Straftat ermittelt. Das 16- bis 18-seitige Dossier, das die beiden Ex-Polizisten aus Rheinland-Pfalz über den 47-Jährigen angelegt hatten, fanden Staatsanwaltschaft und Kripo bei Durchsuchungen. Bislang schweigen sich die beiden über ihre Hintermänner aus. Appenrodt jedoch hofft, dass einer bald sein Schweigen bricht. Pascal Beucker
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