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Große Ratlosigkeit gegenüber Rangun

Westliche Regierungen haben sich mit ihren Sanktionen gegenüber Birmas Militärjunta in eine Sackgasse manövriert. Jetzt bleibt nur die Hoffnung auf die südostasiatischen Nachbarstaaten, denen die Junta immer peinlicher wird

BERLIN taz ■ Höflich hat Birmas Militärjunta den Sondergesandten empfangen. Indonesiens Exaußenminister Ali Alatas war diese Woche in Rangun, um die Freilassung der seit dem 30. Mai inhaftierten Oppositionsführerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi zu erreichen. Juntachef General Than Shwe und Premierminister General Khin Nyunt empfingen Alatas, gaben ihm aber keinen Hinweis, ob und wann sie Suu Kyi freizulassen gedenken. Die „Lady“, wie sie in dem von der Junta in Myanmar umgetauften Land genannt wird, durfte Alatas nicht treffen. Als Ausrede diente ihre Unterleibsoperation vergangene Woche. So kehrte der Diplomat frustriert nach Jakarta zurück. Der Kurs der Junta sei „zunehmend kontraproduktiv“, sagte er.

Alatas war von Indonesien, das derzeit den südostasiatischen Staatenbund Asean führt, bewusst geschickt worden. Denn er war Außenminister des Diktators Suharto, ein Vorbild der Junta. Damals lehnten die Südostasiaten eine Politik ab, die sie als Einmischung in innere Angelegenheiten bezeichneten. Während der Westen die Junta mit Sanktionen belegte, als diese der von Suu Kyi geführten Opposition nach dem Wahlsieg 1990 die Macht verweigerte, setzten die Nachbarn auf „konstruktives Engagement“ und nahmen Birma 1997 in ihren Bund auf.

Doch jetzt ist Suu Kyi zum dritten Mal in Haft. Birmas Generäle klammern sich an die Macht, echte Reformen sind nicht in Sicht. Sowohl die westlichen Sanktionen als auch das „konstruktive Engagement“ der Nachbarn sind gescheitert, lautet das Fazit einer Studie der Berliner Stiftung für Wissenschaft und Politik. „Die von den westlichen Ländern verhängten Sanktionen beeinträchtigten zwar die Lebensumstände großer Teile der Bevölkerung, nicht aber die Machtposition der Militärs. Auf den Druck von außen reagierten diese nicht mit größerer Konzessionsbereitschaft, sondern mit einer Verhärtung ihrer Position“, so der Autor Gerhard Will.

Nach Suu Kyis erneuter Verhaftung verschärften die westlichen Staaten ihre Sanktionen. Dabei hatten viele Regierungen Hoffnung geschöpft, als die Friedensnobelpreisträgerin im vergangenen Jahr freigelassen worden war. Insbesondere die Bundesregierung hatte nach Alternativen zur Sanktionspolitik gesucht. Diese führe nur zu einem Schulterschluss der Militärs und verschärfe die humanitäre Notlage der Bevölkerung, heißt es in Berlin. Doch die Sanktionen jetzt zu lockern wäre das falsche Signal. Deshalb stimmte auch Berlin einer Verschärfung der EU-Sanktionen zu. 1.200 Funktionäre der Junta sind von einem Visaboykott betroffen. Birma bekommt keine Entwicklungshilfe, der deutsche Handel findet nur auf niedrigem Niveau statt.

Einige EU-Staaten favorisieren gar einen Tourismusboykott, der im Auswärtigen Amt kritisch gesehen wird. Denn er wäre nicht nur eine Bevormundung der eigenen Bürger, sondern nehme auch den Birmanen jegliche Kontaktmöglichkeiten. Kritisch werden auch die jüngsten US-Sanktionen gesehen. Die verbieten den Handel mit dem südostasiatischen Land, was vor allem Textilarbeiterinnen treffe. Und das US-Verbot des Zahlungsverkehrs mit Birma mache es sogar Hilfsorganisationen unmöglich, Mitarbeitern von Ort Gehälter zu überweisen.

„Momentan können wir leider überhaupt nichts machen“, sagt ein Diplomat. Als wichtigster Verbündeter der Junta wird China weitergehende UN-Sanktionen verhindern. Deshalb bleibe nur die Hoffnung auf die Asean-Staaten und deren Initiativen. Den Südostasiaten ist die sture Junta inzwischen peinlich. Malaysias Premier Mahathir Mohammad drohte Birma gar mit einem Rauswurf aus dem Asean-Bund, wenn die Junta weiter hart bleibe. Die Asean-Staaten fürchten um ihr Image und dass ihr Gipfel Anfang Oktober in Bali nur von Birma dominiert wird. Das Schlimmste wäre, wenn die Junta turnusgemäß 2005 den Asean-Vorsitz übernimmt und Suu Kyi noch in Haft ist.

Doch die Südostasiaten wollen die Junta auch nicht stärker in Chinas Arme treiben und ringen auch untereinander um Einfluss. So versucht Thailand mit einer eigenen „Road Map“ Ranguns Generäle auf vorsichtige Reformen zu verpflichten. Bangkoks Außenminister reiste deshalb gestern in geheimer Mission nach Rangun. Anzeichen für ein Einlenken gab es zunächst nicht. SVEN HANSEN

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