: Innensenator schwenkt um
Sexualdelikte gegen Frauen im Abschiebeknast werden jetzt doch auf einer Sondersitzung der Innendeputation behandelt. Ermittlungen gegen weiteren Polizisten
Bremen taz ■ Das Schiff geht offenbar tief. Die Sexualdelikte gegen Frauen im Abschiebeknast werden nun doch Thema einer Sondersitzung der Innendeputation am Montag.
Noch am Mittwoch hatte Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) eine entsprechende Forderung des SPD-Innenpolitikers Hermann Kleen zurückgewiesen – als unangebrachten Versuch, die bekannt gewordenen Übergriffe eines Beamten im Polizeigewahrsam gegen vier Frauen zur parteipolitischen Profilierung zu nutzen. Jetzt ist Innensenator Röwekamp umgeschwenkt.
Gestern wurde außerdem offiziell bestätigt, dass es einen weiteren Polizisten gibt, gegen den wegen sexuellen Missbrauchs ermittelt wird. Diese Ermittlungen gehen ins Jahr 1996 zurück. Der Mann ist zur Zeit nicht im Dienst. Offiziell heißt es, es sei unklar, ob der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs gegen ihn zu untermauern sei. Ein gemeinsames Vorgehen der beiden Männer wird nicht angenommen. Doch scheuen Verantwortliche sich, noch „irgend etwas auszuschließen“.
Erst seit gestern, drei Monate nach Aufnahme der internen Ermittlungen und fünf Tage nach ersten Presseberichten, gibt es zudem erste personelle Konsequenzen im Abschiebegewahrsam: Wer mit dem Hauptbeschuldigten zusammen in einer Schicht arbeitete, werde aus dem Polizeigewahrsam entfernt, hieß es. Das Ausmaß von möglicher Mitwisserschaft unter weiteren Beschäftigten im Gewahrsam scheint bis heute völlig ungeklärt.
Vor drei Tagen noch wies Polizeipräsident Eckard Mordhorst auf videoüberwachte Gänge im Gewahrsam in der Vahr hin, die Eingriffe in den Ablauf im Gewahrsam eher nicht nötig machten – obwohl einer von vier Übergriffen des Polizisten auf weibliche Gefangene in der Vahr stattgefunden haben muss.
Zur Erinnerung: Ein 46-jähriger Polizeibeamter wurde am 15. September vom Dienst suspendiert, nachdem im Zuge von Ermittlungen in einer anderen Sache bei ihm Fotos gefunden wurden, die eindeutig Sexualkontakte zu Gefangenen belegen. Eine Straftat. Strafrechtlich relevant ist zudem, welches Ausmaß von Gewalt zu solchen Kontakten führte. Doch die Frauen sind schon lange abgeschoben. Im Zuge der Ermittlungen werde jetzt „mit hoher Priorität“ nach den Frauen gesucht, bekräftigte der Sprecher der Bremer Innenbehörde, Markus Bayer. ede
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