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rechte gewaltAntifa heißt jetzt Körting

Warschauer Straße und Schönhäuser Allee – Tatorte rechter Gewalt? Darauf weisen Antifas seit gut einem Jahr hin. Auch dass die Täter fast ausschließlich männlich sind und überwiegend schlecht gebildet, ist nicht neu. Und dass die Jugendlichen keineswegs erst an einer NPD-Schulung teilnehmen mussten, um Ausländer zu verprügeln, sondern die ausländerfeindlichen Parolen zu Hause oder in ihrer Nachbarschaft aufgeschnappt haben – auch das verkünden Antifa-Initiativen seit Jahren.

KOMMENTARVON FELIX LEE

Bemerkenswert sind daher auch nicht so sehr die Ergebnisse der Broschüre, die Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gestern präsentierte. Vielmehr besteht sein Verdienst darin, dass er beim Verfassungsschutz eine Studie in Auftrag gegeben hat, die eins zu eins auch von einer Berliner Antifa-Gruppe stammen könnte.

Denn die Recherchen der Aktivisten gegen rechts wurden vielfach belächelt, komplett ignoriert oder als politisch verzerrt diffamiert. Zu Unrecht, wie der Verfassungsschutz nun zeigt. Dennoch mag bei Antifas kein Gefühl der Genugtuung aufkommen. Denn das Thema ist zu brennend, um es bloß als ein Versagen des Verfassungsschutzes abzutun, der viele Jahre genau auf eine solch detaillierte Studie warten ließ. Vielmehr stellt sich nun die Frage, welche Konsequenzen der Senat aus diesen Ergebnissen zieht.

Projekte wie das „Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus“, die vor allem Opfer rechter Gewalt betreuen, suchen schon seit Jahren gezielt Orte auf, an denen Rechtsextremismus Alltagskultur ist. Die Mitarbeiter referieren vor Schulklassen. Vor allem unterstützen sie aber die wenigen gegen den dortigen Mainstream linken Jugendlichen, die sich mit den Rechten herumplagen müssen. Und das sind meist die Antifagruppen. Sie haben Anerkennung verdient – gerade von Seiten der Politik.

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