: „Es geht um Einschüchterung“
Rechte Netzwerke sammeln und veröffentlichen Personendaten von Antifaschisten: Diese sollen „natürlich nicht denunzieren“, sondern sind nur „zur Gefahrenabwehr von linken und anarchistischen Gewalttaten“ da
Ein Maschinengewehr ziert die Homepage des „Anti-Antifa Networks“, einem Zusammenschluss „unabhängiger Kameraden“, die Personendaten sammeln und zum Teil mit Foto im Internet veröffentlichen. „Diese Daten sollen natürlich nicht denunzieren, sondern sind lediglich zur Gefahrenabwehr von linken und anarchistischen Gewalttaten“, so die Selbsterklärung. Welche Rolle die Waffe bei dieser „Gefahrenabwehr“ spielt, wird nicht weiter ausgeführt.
Doch trotz der martialischen Gebärden – ein Zusammenhang zwischen der Ausspionierung von Personen, die sich des Antifaschismus „verdächtig“ gemacht haben und Angriffen auf Menschen und Einrichtungen, lässt sich nicht herstellen. Das sagen zumindest die Behörden für Verfassungsschutz, die seit Beginn der 90er Jahre Anti-Antifa-Aktivitäten der Rechtsextremisten beobachten. „Es geht um Einschüchterung“, sagt Joachim Albrecht, Referatsleiter beim Verfassungsschutz Schleswig-Holstein. Man könne aber nicht ausschließen, dass es dabei bleibt. Albrecht: „Man kann nie wissen, wie einzelne Handlungsanweisungen umsetzen.“
Anti-Antifa sei häufig dort zu finden, wo es die so genannten „freien Kameradschaften“ – lose Zusammenschlüsse von Neo-Nazis – gibt. In Norddeutschland tat sich zuletzt die „Kameradschaft Pinneberg“ hervor, deren Mitglieder derzeit wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Verstoß gegen das Waffengesetz und räuberischer Erpressung vor Gericht stehen (taz berichtete). Bei Durchsuchungen beschlagnahmte die Polizei Dossiers über Gegner rechtsextremistischer Bewegungen.
Als solche gelten den Anti-Antifa-Aktivisten nicht nur die verhassten „Antifas“ aus der linken Szene, sondern genauso Polizeibeamte, Richterinnen, Journalisten und Politikerinnen. Diese erscheinen mit Namen, Anschrift, Funktion und auch Fotos in schwarzen Listen, die intern oder im Internet veröffentlicht werden. In einzelnen Fällen gehöre ein Lebenslauf dazu, so der Verfassungsschützer Albrecht. Und: „Das Sammeln dieser Informationen wird nicht offen vorgetragen.“ Der Grund: „Die Rechtsextremisten versuchen seit einiger Zeit, den Eindruck zu vermitteln, sie seien ’die Guten, ’die wahren Staatsbürger’.“ Alles, was danach aussehen könnte, als würde zu Straftaten aufgerufen, wird deshalb konspirativ behandelt.
Als Vorbild und gleichzeitig Auslöser der Anti-Antifa gelten den Verfassungsschützern die Antifa-Gruppen selbst, die ihrerseits Daten über Rechtsextremisten zusammentragen und veröffentlichen. Der Unterschied: „Die Linken gehen systematischer vor, verwenden die Informationen gezielter und intelligenter“, sagt Albrecht. Bei den Listen der Anti-Antifa handele es sich häufig um ein unsystematisches „Sammelsurium“, bestätigt der stellvertretende Leiter des Hamburger Amtes für Verfassungsschutz, Manfred Murck. Viele der Personen seien ohnehin öffentlich bekannt, Angaben über Telefonnummern und Anschriften ihrer Büros im Internet frei zugänglich.
Rein formal betrachtet sieht Murck keinen Unterschied zwischen Antifa und Anti-Antifa. „Gezieltes Ausspähen von Personen gibt es auf beiden Seiten.“ Und: Die Nazi-Szene sei in der Vergangenheit „massiv angegriffen“ worden. Bewerten wollen die Verfassungsschützer die jeweiligen Aktivitäten aber nicht: „Das hängt vom Standpunkt des Betrachters ab“, so Murck. Für Jan Sürig, Anwalt des Bremer Studenten, der sich aus Angst vor Neonazis auf einer Demo einen Schal vor das Gesicht gezogen hatte und deswegen wegen Verstoß des Vermummungsvebots angeklagt ist (siehe oben), ist die Sache klar: „Die einen sind Nazis und als solche Feinde der Demokratie.“
E. Bruhn
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