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Rot-Rot bleibt im Amt

Am Tag, an dem NRW fiel, ging in Berlin alles seinen gewohnten Gang: Klaus Wowereit trat wieder einmal in einen Fettnapf, und die Berliner strömten ins Tierheim – zum Tag der offenen Tür

VON UWE RADA

Düsseldorf, 18.00 Uhr. Die erste Prognose vom Ende von Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen steckt Berlin ebenso weg wie die Wahl von Joseph Ratzinger zum Papst. Keine Trauerbeflaggung am Roten Rathaus, keine Freudenausbrüche beim designierten CDU-Landesvorsitzenden Ingo Schmitt. Am Nachmittag hat es leicht genieselt. Rot-Rot bleibt im Amt.

Dabei war Berlins Regierender Bürgermeister am Vortag noch mit Schmackes in den Fettnapf getappt. Statt der Eröffnung der Akademie der Künste am Pariser Platz beizuwohnen, ging Klaus Wowereit ins Olympiastadion. Genutzt hat es nichts: Champions League perdu und dann auch noch die hämische Bemerkung von Adolf Muschg: „Eines schönen Tages hoffen wir auch diesem Landesherrn einmal ein Spiel zu bieten, in dem er sich wiedererkennt“, sagte der Schweizer Präsident der Akademie. Eine schlaflose Nacht wird es den Landesherrn aber nicht gekostet haben. Rot-Rot bleibt im Amt.

Auch sonst war in Berlin alles beim Alten, fast wie damals, als an den Wänden noch „Ausländer rein, Rheinländer raus“ geschrieben stand. Kein Mucks von Friedel Drautzburg und seiner „Ständigen Vertretung“, das Kölsch floß mäßig, und der Berliner Kurier schaute auf das Nahe liegende: „Skandal um Kiezstreifen. Faule Beamte verweigern den Dienst“. Wechselstimmung fühlt sich anders an. Rot-Rot bleibt im Amt.

Bodenständig wie immer auch die PDS. Während sie in Schwerin gegen die EU-Verfassung ist und mit dem Bruch der rot-roten Koalition droht, machen sich die Berliner Genossen einen ruhigen Sonntag. Lieber nicht als EU-Gegner verdächtigt werden, das kommt nicht gut an in den eigenen Reihen. Zumal einer von ihnen, der Wirtschaftssenator, ein überzeugter Europäer ist. Morgen wird Harald Wolf wieder nach Polen fahren. Dort rührt er die Werbetrommel für die Tourismusmetropole Berlin. Querschüsse wären da mehr als peinlich, Geschlossenheit ist das Gebot der Stunde. Rot-Rot bleibt im Amt.

Die Berliner indes hatten – wenn auch anders als die Rhein- und Ruhrländer, die Ost- und die Westwestfalen – die Wahl. Gleich drei Tage der offenen Tür standen im Angebot: bei der Polizei, am Flughafen Schönefeld und im Tierheim. Rappelvoll war es überall. So ist es in dieser Stadt. Im Roten Rathaus freuen sie sich. Rot-Rot bleibt im Amt.

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