doppelblind: Warum Spinnen essen bei mehr Biodiversität gesünder ist
Worum geht’s?
Jede achte Art könnte in den kommenden Jahrzehnten aussterben, hat der Weltnaturschutzrat festgestellt. Damit es so weit nicht kommt, haben in den vergangenen zwei Wochen Politiker*innen, Aktivist*innen und Unternehmen auf der UN-Artenschutzkonferenz im kolumbianischen Cali über Maßnahmen verhandelt, um das Artensterben zu stoppen.
Welche Auswirkungen ein weitreichender Verlust der Artenvielfalt auf Ökosysteme hat, wurde bislang vor allem in Bezug auf Pflanzen erforscht. Schlechter ist die Forschungslage zu sogenannten Konsumenten. So nennt man die Arten, die Biomasse anderer Lebewesen verzehren, anstatt sich die Nährstoffe aus anorganischen Stoffen zu ziehen, wie es die meisten Pflanzen durch Photosynthese tun. Konsumenten sammeln organische Nährstoffe in ihren Körpern und erzeugen daraus neue Nährstoffe. Das macht sie ähnlich bedeutend für das Nahrungsnetz eines Ökosystems wie Pflanzen.
Ein Team internationaler Wissenschaftler*innen hat deshalb erforscht, welche Beziehung zwischen der Vielfalt von Konsumenten-Arten und den Nährstoffen besteht, die sie produzieren. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin Science.
Die Studie
Die Forscher*innen wählten für ihre Untersuchung Insekten und Spinnen, weil diese eine Schlüsselfunktion im Nahrungsnetz einnehmen. Bei den untersuchten Nährstoffen waren mehrfach ungesättigte Fettsäuren von besonderer Bedeutung, etwa Omega-3- oder Omega-6-Fettsäuren.
Dahingehend wurden zwei riesige Datenbanken mit Angaben zu 7.675 Spezies in 742 Lebensräumen ausgewertet und unter anderem die Beziehung zwischen Artenvielfalt und Nährstoffproduktion in unterschiedlichen Gebieten untersucht. Dabei kommen die Wissenschaftler*innen zu dem Ergebnis, dass mehr Nährstoffe in Spinnen und Insekten stecken, je größer die Artenvielfalt ist. Zum Beispiel nimmt eine bestimmte Omega-3-Fettsäure um 12,2 Prozent zu, wenn die Artenvielfalt um 10 Prozent steigt.
Was bringt’s?
Neue wissenschaftliche Studien stellen wir jede Woche an dieser Stelle vor – und erklären, welchen Fortschritt sie bringen. Sie wollen die Studie finden? Jede hat einen Code, hier lautet er: doi.org/10.1126/science.adp6198
Nimmt die Vielfalt an Insekten und Spinnen ab, fehlen den Tieren, die sich von ihnen ernähren, wichtige Nährstoffe. Und wer wiederum diese Tiere frisst oder isst, bekommt ebenfalls weniger davon. Das ist ein gutes Beispiel für die Vielfachabhängigkeiten von Nahrungsnetzen.
Ermutigend finden die Forscher*innen, dass die Dichte besonders wichtiger Nährstoffe in Insekten und Spinnen an und in Flüssen höher war als an Land. Flussbewohner liefern also zuverlässig Nährstoffe und können unter Umständen dort aushelfen, wo der Mensch Nahrungsnetze an Land bereits stärker beeinflusst hat. Deshalb, schreiben die Forscher*innen, seien zum Beispiel Libellen sehr wichtig, weil sie sowohl an Flüssen als auch an Land jagen – und gejagt werden, also ihre Nährstoffe auch in größerer Entfernung von Flüssen gefressen werden. Jonas Waack
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen